Fünf Tote – aber noch keine Ursache
Fehlende Berichte. 2009 stürzten zwei Diamond-Flugzeuge ab, bis heute gibt es keine Aufklärung darüber
Im Technischen Museum in Wien hängt eine Diamond42-Maschine an der Decke. Ein „beeindruckendes Stück österreichische Luftfahrtgeschichte“, wie es in einem Medienbericht darüber heißt. „Neueste Karbontechnologie, modernste Avionik und effizienteste Antriebstechnik“, lobt der Geschäftsführer der Wiener Neustädter Firma, Christian Dries, sein eigenes Produkt.
Doch es gibt auch die andere Seite: 26 Menschen starben weltweit bei Abstürzen mit diesem Flugzeugtyp seit demVerkaufsstart 2006, mehr als bei vergleichbaren anderen Fliegern in dieser Zeit, die teilweise weit älter sind (siehe auch Zusatzbericht rechts). Sehr spielten dabei die Triebwerke eine Rolle, seit demJahr 2011 wurden allein 13 triebwerksrelevante Lufttüchtigkeits-Direktiven (AD) von der Europäischen Agentur für Luftsicherheit (EASA) ausgegeben. Das deutet auf Probleme hin.
Die Untersuchung dieser Abstürze wäre ein drängendes Thema für die Unfalluntersuchungsstelle des Verkehrsministeriums, sollte man meinen. Immerhin hat die Firma ihren Hauptsitz in Österreich, allein im Jahr 2009 gab es in der Alpenrepublik fünf Tote, insgesamt sind hierzulande sieben Vorfälle aktenkundig. Und bereits 2007 waren dem Verkehrsministerium laut einer parlamentarischen Anfrage 42 Zwischenfälle mit Diamond-Maschinen bekannt. In einem deutschen Flug- fachmagazin wurde 2007 sogar die Lufttüchtigkeit der Twin Star angezweifelt.
Keine Berichte
Bis heute ist allerdings noch kein einziger Absturzbericht vom Verkehrsministerium veröffentlicht worden, obwohl die Vorfälle großteils acht bis zehn Jahre zurückliegen. Laut einem ehemaligen Mitarbeiter der Untersuchungsstelle wurde intern Druck ausgeübt, die Berichte nachrangig zu behandeln.
Im Büro von Verkehrsminister Jörg Leichtfried wird betont, dass hinter den Kulissen viel getan wurde. Die Zahl der Vorfälle sei aber „statistisch normal und ist für die Gewichtskategorie der Luftfahrzeuge und des Technologiesprunges – moderne elektronisch gesteuerte Dieseltriebwerke für Luftfahrzeuge – nicht untypisch“.
Dennoch wird im Verkehrsministerium festgehalten: Bis heute gibt es eine regelmäßige Telekonferenz im Abstand von vier bis sechs Wochen, an der etwa die EASA, die Austro Control, Diamond sowie der TriebwerksHersteller beteiligt sind. Es gebe auch eine Reihe von Sicherheitsempfehlungen des Verkehrsministeriums. Viel Aufwand für ein angeblich beeindruckendes Stück österreichische Luftfahrtgeschichte. Und vor allem fern von der Öffentlichkeit, während in Internetforen von Piloten die Spekulationen blühen. Immerhin 30 Österreicher besitzen eine DA-42.
Zehn Jahre
Zumindest heuer soll ein erster Bericht veröffentlicht werden, heißt es im Verkehrsministerium: Am20. September war eine Twin Star vermutlich wegen eines Motorschadens abgestürzt, drei Insassen wurden schwer verletzt. Während der Absturz der Concorde nach zwei Jahren aufgeklärt wurde, oder der Absturz eines Airbus der Air France in den Atlantik nach drei Jahren, wird es hier zehn Jahre dauern, bis die Öffentlichkeit informiert wird.
Diamond-Chef Christian Dries sieht jedenfalls kein Problem mit der Antriebstechnik, praktisch alle Abstürze seien „Pilotenfehler“, wie er erzählt. In den USA seiendie Piloten besser geschult, deshalb passiere dort nichts mit den Maschinen. Dennoch wird mittlerweile ein PS-stärkeres Triebwerk eingebaut.
Warum es so viele Sicherheitsempfehlungen für die Triebwerke gibt, konnte er bisher nicht darlegen. Seitdem der KURIER diese Frage per eMail gestellt hat, ist Dries auf wichtigen Terminen. Seit nunmehr 17 Tagen.