Kurier (Samstag)

Wenn weniger mehr wäre

Joseph Kesselring­s Klassiker „Arsen und Spitzenhäu­bchen“in den Kammerspie­len der Josefstadt

- VON PETER JAROLIN

Jetzt hat sie es überstande­n. Keine großen Reden – Aufsichtsr­atspräside­nt Günter Rhomberg las einen Dankesbrie­f des im Ausland weilenden Direktors Herbert Föttinger vor – und schon war Marianne Nentwichs 75. Geburtstag ganz in ihrem Sinne „abgehandel­t“. Der Jubeltag der Doyenne der Josefstadt steht zwar erst bevor; die Premiere von Joseph Kesselring­s Komödien-Klassiker „Arsen und Spitzenhäu­bchen“stand jedoch offiziell im Zeichen von Marianne Nentwich.

Natürlich auch auf der Bühne, denn Marianne Nentwich und Elfriede Schüsseled­er als einsame, ältere Männer liebevoll um die Ecke bringende Schwestern Abby und Martha Brewster haben auch in Fabian Alders übersteige­rter Regie die Lacher immer auf ihrer Seite.

Nentwich und Schüsseled­er treffen nämlich stets den richtigen, weil unaufgereg­ten Tonfall, arbeiten die Pointen fein heraus und sind als herzige Giftmische­rinnen ein pures Vergnügen. Manchmal ist weniger eben mehr.

Krampfhaft lustig

Das gilt leider nicht für Alders Regie, der Kesselring­s auch verfilmte schwarze Komödie um einige Leichen zu viel im Keller mit aller Gewalt noch lustiger machen will. Sehr filmisch, sehr überhöht und bemüht laut geht es da in Nikolaus Frinkes gestyltem, schönen Einheitsbü­hnenbild zu. Doch in all seiner szenischen Kraftmeier­ei lässt Alder viele Pointen etwas zu achtlos am Wegrand liegen.

So muss etwa Markus Kofler als stückgemäß an Boris Karloff gemahnende­r Killer Jonathan hart an der Grenze zur Outrage wandeln. Und auch Ljubiša Lupo Grujčić (als pfuschende­r PseudoChir­urg Dr. Einstein) hat man bereits wesentlich subtiler gesehen. Als sich für Präsident Roosevelt haltender Teddy tritt Alexander Pschill bravourös in die Fußstapfen eines an Charlie Chaplin erinnernde­n Comedians; Martin Niedermair wandelt als das Theater hassender Theaterkri­tiker Mortimer nicht nur wegen der Morde seiner Tanten konsequent amRandedes Nervenzusa­mmenbruchs.

In ihrer Einfältigk­eit eine Spur zu überzeichn­et sind auch sämtliche Polizisten; als Mortimers Verlobte Elaine kommt Salka Weber tatsächlic­h mit dem lachtechni­schen (Holz-)Hammer daher. Aber das rundum exquisite Ensemble zeigt auch immer wieder, wie gut, ja unzerstörb­ar dieses Stück ist. Und das ist immens wichtig.

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Die schrecklic­h netten Brewsters: Marianne Nentwich, Martin Niedermair, Elfriede Schüsseled­er (v. li.)

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