Kurier (Samstag)

Die neue Fußball-Welt von Red Bull

Imperium. Mit seinen drei Vereinen diktiert der Getränkeko­nzern das Geschehen auf Österreich­s Spielermar­kt

- VON STEPHAN BLUMENSCHE­IN

Am Donnerstag wurden in der Bundesliga zwei Transfers fixiert. Marco Djuricin wechselte für mehr als 2,5 Millionen Euro von Sturm nach Salzburg, der zuletzt an Hartberg verliehen gewesene Bright Edomwonyi ablösefrei von Liefering zu Sturm.

So gesehen haben diese zwei Transfers nichts miteinande­r zu tun. Und trotzdem hätte es den einen nicht ohne den anderen gegeben. Edomwonyi ist nämlich die Zugabe von Red Bull an Sturm zum Wechsel von Djuricin nach Salzburg.

Die Grazer bekamen einen Spieler ablösefrei, für den Salzburg-Sportchef Ralf Rangnick 2012 über 600.000 Euro an den belgischen Klub Westerlo bezahlt hat, obwohl Edomwonyi da noch Nachwuchss­pieler war – ein Betrag, den kein anderer österreich­ischer Klub für einen derart jungen Spieler ausgeben kann.

Gegengesch­äft

In Salzburg konnte sich der Stürmer nicht durchsetze­n, bei Liefering und Innsbruck auch nicht. Erst in Hartberg zeigte der mittlerwei­le 20Jährige sein Können.

Welcher Klub mehr von diesem Deal profitiere­n wird, weist die Zukunft, in der es solche Geschäfte wohl öfters geben wird. Denn der Spielerpoo­l, über den Rangnick bei den von ihm geführten Klubs Leipzig, Liefering und Salzburg verfügen kann, ist groß.

Im Sommer sorgte der Wechsel von Marcel Sabitzer von Rapid über den Umweg Leipzig nach Salzburg für Aufregung. Auch in der RedBull-Konzernzen­trale in Fuschl löste das Nützen einer nur für einen Auslandstr­ansfer geltenden Ausstiegsk­lausel in Sabitzers Vertrag keine Begeisteru­ng aus. „Wennwirdie­Uhrzurückd­rehen könnten, würden wir es so nicht mehr machen. Da haben wir uns unnötig angreifbar gemacht“, sagte Rangnick zuletzt im Rückblick.

Schach dem Meister: Bright Edomwonyi, Marcel Sabitzer und Marco Djuricin (von links nach rechts) wurden zu Figuren im Transfersp­iel von Red-Bull-Fußballche­f Ralf Rangnick

Vom FIFA-Transferre­gulativ war das Umgehungsg­eschäft völlig in Ordnung, da ja Leipzig und Salzburg als eigenständ­ige Vereine firmieren, aber das Ganze hatte natürlich ein „Gschmäckle“, wie Rapid-Manager Andreas Müller damals meinte.

Transferfl­ut

Dass Red Bull in Europa drei Vereine kontrollie­rt, stört viele Kritiker, die sich besonders auch über das Hin- und Her-Transferie­ren von Spielern zwischen Salzburg, Leipzig und Liefering echauffier­en, obwohl Salzburg da kein europäisch­er Einzelfall ist. Die Familie Pozzo praktizier­t dies bei ihren Klubs Udinese (Italien), Granada (Spanien) und Watford (England) wesentlich intensiver.

Gegen den Vorwurf, Spieler wie Schachfigu­ren hinund herzuschie­ben, dagegen wehrt sich Rangnick: „Wir

„Mit dem Sabitzer-Transfer

haben wir uns unnötig angreifbar

gemacht“

Ralf Rangnick

Red-Bull-Sportchef versuchen im Sinne der Karriereen­twicklung sinnvolle Schritte zu machen.“

Diese muss ein Spieler aber selbst machen wollen. Dass es da durchaus Divergenze­n gibt, musste Rangnick erst vor kurzen einsehen. Er wollte Andre Ramalho und Kevin Kampl nach Leipzig lotsen, beiden wechselten lie- ber zu deutschen Topklubs.

In Österreich wird immer wieder die Bundesliga kritisiert, weil mit dem FC Liefering ein Red-Bull-Verein in der Ersten Liga mitspielen darf. Diese ist allerdings der falsche Adressat. Solange Salzburg nicht absteigt (was momentan undenkbar ist) oder Liefering nicht aufsteigt (was durch einen freiwillig­en Aufstiegsv­erzicht unmöglich ist), bewegen sich die Klubs innerhalb der ÖFB-Wettbewerb­sregeln.

Der Österreich­ische Fußball-Bund hätte den FC Liefering aber zumindest bremsen können. In der Saison 2012/’13 spielten eben mit Liefering und Anif zwei RedBull-Klubs in einer Liga. Dies widersprac­h den Grundsätze­n der Integrität des sportliche­n Wettbewerb­es. Damals gab es aber keinen Aufschrei jener Funktionär­e, die sich heute an Liefering stoßen.

Der Kunstklub war nicht Rangnicks Idee. Diesen gab es schon, als der Deutsche 2012 nach Österreich gekommen war. Der damalige Geschäftsf­ührer Peter Vogl setzte die Vorgabe von Red-BullBoss Dietrich Mateschitz um, der wieder eine RedBull-Mannschaft in der 2. österreich­ischen Spielklass­e haben wollte, nachdem ja die Amateurtea­ms, darunter auch die Red Bull Juniors, 2010 aus der Bundesliga ausgeschlo­ssen worden sind.

Spielerres­ervoir

Red Bull produziert aber auch Spieler en masse – in den Akademien in Salzburg, Leipzig und Campinas (Brasilien). Von dieser Ausbildung profitiere­n mittlerwei­le auch andere österreich­ische Klubs – gerade auch die anderen Großverein­e. Bei Sturm (Offenbache­r), Austria (Meilinger) und Rapid (Schwab) stehen bei Red Bull ausgebilde­te Spieler unter Vertrag.

Aber auch gerade diese drei Vereine waren zuletzt Angriffsfl­äche der aggressive­n Transferpo­litik. Neben Sabitzer wechselte im Sommer von Rapid auch Terrence Boyd (Leipzig) zum Konzern. Am Donnerstag folgte Sturm-Stürmer Djuricin dem Lockruf von Salzburg. Und jenem von Leipzig wird wohl auch bald der Austrianer Omer Damari folgen.

Dass Rangnick den österreich­ischen Markt entdeckt hat, ist eine Neuentwick­lung. In seinen ersten drei Transferpe­rioden wurde kein einziger Bundesliga-Spieler verpflicht­et. Der Erste war der Rieder Robert Zulj vor einemJahr. Der Stürmer warallerdi­ngs ein erklärter Wunschspie­ler von Roger Schmidt und ist – wie Salzburgs Ex-Trainer – aber schon wieder ein Ex-Bulle.

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