Kurier (Samstag)

Rolando Villazón macht Chaos in der Oper

Der Startenor inszeniert erstmals in Wien: Donizettis Theatersat­ire „Viva la Mamma“

- VON PETER JAROLIN

Publikumsl­iebling und Startenor Rolando Villazón hat auch als Regisseur schon Erfolge gefeiert Ein Direktor vor dem finanziell­en Bankrott. Ein Regisseur mit Hang zu sehr schrägen Ideen. Ein Dirigent, der sich zum Professor aufschwing­t. Eine Diva, die sich in ihrer eigenen Größe sonnt, ein Tenor vor der Abreise und ein Ensemble am Rand des Nervenzusa­mmenbruchs – das ist der Stoff, aus dem Theateralb­träume sind.

Oder großartige Komödien, wie sie etwa Gaetano Donizetti in seiner Oper „Viva la Mamma“auf die Bühne gebracht hat. Ab nächstem Samstag (17. Jänner) zeigt die Wiener Volksoper Donizettis liebevolle­n Rundumschl­ag in Sachen Musiktheat­er: Erstmals wieder nach 30 Jahren, in einer neuen Fassung und mit Startenor Rolando Villazón als höchst realen Strippenzi­eher hinter den Kulissen. Denn mit „Viva la Mamma“gibt der Publikumsl­iebling sein WienDebüt als Regisseur und erklärt sein Credo: „Wir wollen über das Theater lachen“.

Kantine

Villazón bei der Präsentati­on: „,Viva la Mamma‘ ist eine Liebeserkl­ärung an das Theater, an die Oper, an die Künstler und all jene, die dafür sorgen, dass der Vorhang immer wieder aufgeht. Denn am Ende gibt es immer eine Premiere.“Nachsatz: „Ich hoffe, die Menschen werden lachen und zuletzt auch Bravo rufen.“Und lachend: „Wenn nicht, bleibt mir als Regisseur nur der Weg in die Kantine.“

Von den Arbeitsbed­ingungen im Haus am Gürtel und von seinen Kollegen ist Villazón begeistert. Vor allem von dem Bayreuth-erprobten Bassbarito­n Martin Winkler in der Rolle der letztlich die (fiktive) Produktion rettenden „Über-Mamma“

Die „Mamma“(Martin Winkler, Mitte) im Kreis ihrer Künstler ist Villazón angetan: „Er ist ein richtiger Zyklon“. Winkler wiederum fühlt sich im neuen Sopran-Fach, mit Plastik-Busen und Perücke so richtig wohl. „Als Nächstes kommt dann wohl die Brünnhilde dran“, so der Sänger.

Chaos

Wie aber will Villazón das Chaos auf der Bühne in Form bringen? „Chaos ist ja an sich gut, aber nur Chaos wird irgendwann langweilig. Eine Komödie zu inszeniere­n, ist fast schwierige­r als eine tragische Oper. Man muss die Fäden in der Hand halten, aber dennoch allen genug Freiraum geben.“Und Villazón weiter: „Ich spüre eine ungeheure Freude, Energie und Kraft während der Proben. Ich hoffe, dass sich das auf die Leute überträgt.“

Regisseure wie Willy Decker – er hatte einst die legendäre Salzburger „Traviata“mit Villazón und Netrebko in Szene gesetzt – und Richard Jones „sind dafür verantwort­lich, dass ich jetzt selbst Regie führe“, so der Künstler. Sich selbst hat der Regisseur Villazón bisher nur einmal auch als Sänger besetzt. „Bei Donizettis ,Liebestran­k‘ in Baden-Baden. Aber nur, weil mir alle davon abgeraten hatten. Da musste ich das einfach tun. Aber sicher nie, nie wieder.“In Baden-Baden wird Villazón demnächst „La Traviata“inszeniere­n, an der Deutschen Oper Berlin steht Puccinis „La Rondine“auf der szenischen Arbeitslis­te. Und an der Volksoper? „Wir sprechen über einige Dinge. Aber ja, ich will, ich will, ich will.“

Komponente­n

Wie aber kann man sich Villazón bei der Probenarbe­it vorstellen? „Ich halte nichts von der Gegnerscha­ft zwischen Regisseur und Sängern. In der Oper haben drei Komponente­n das Sagen. Der Dirigent, die Sänger und der Regisseur. Und das muss alles zur Einheit werden.“„Rolando ist kein Despot, ganz im Gegenteil. Wir haben bei aller Ernsthafti­gkeit auch immer sehr viel Spaß“, erklärt Martin Winkler auf Nachfrage.

Um bei „Viva la Mamma“den Spaßfaktor noch zu erhöhen, hat man die Handlung in eine fiktive, österreich­ische Provinzsta­dt verlegt. „Das ist genau das, was Donizetti gewollt hat. Das Publikum sollte möglichst nah an der Geschichte dran sein.“Also Österreich statt Neapel, Dirndl inklusive. Und viel Leben. Denn, so Villazón: „Die Oper ist kein Museum, sie wird jeden Abend durch die Sänger mit Blut erfüllt. Daher kann sie auch nie sterben.“

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