„Bin ein entsetzlich schlechter Star“
Die Hollywoodschauspielerin feiert morgen, Freitag, ihren 60. Geburtstag und spricht über Kinder, Karriere und George Clooney
Vor genau 30 Jahren fuhr sie einen Bus durch Los Angeles und sich selbst zu Starruhm. Sandra Bullock, die mit fünf Jahren ihren ersten Auftritt in einer Vorstellung des „Zigeunerbaron“in Salzburg hatte, schaffte damit einen „speedigen“Durchbruch in Hollywood. Morgen, Freitag, wird sie doppelt so alt und feiert ihren runden Geburtstag in Stille. Nach einem Jahr der Trauer und des Verlusts ist ihr nicht nach großer Party.
Vor genau einem Jahr starb Bullocks Lebenspartner Bryan Randall, nachdem er den Kampf gegen ALS (eine neurodegenerative Erkrankung) verlor. Schon vorher hatte sie sich aus dem Showbusiness zurückgezogen, um sich um ihn und ihre beiden Kinder zu kümmern: Sohn Louis (14) geboren in New Orleans, den sie nach Hurrikan Katrina im Alter von dreieinhalb Monaten adoptierte und Tochter Laila (12). Laila stammt ebenfalls aus Louisiana und war ein Pflegekind, als Bullock sie fand. Beide Kinder wachsen dreisprachig auf. „Louis lernte mit Gummibärli auf Deutsch zählen, er musste zwei Fremdsprachen lernen: Deutsch, damit er die Verwandten versteht und Französisch, weil das sein Background ist. Er ist ja in New Orleans geboren“, sagt sie. Laila kann ebenfalls beide Sprachen.
„The Lost City“mit Channing Tatum war Bullocks letzter Film. In Pension wird sie nicht gehen, aber mit einem Comeback nach einer Pause kann sie nach ihrer erfolgreichen Karriere warten.
Die Tochter eines Businessmannes aus den Südstaaten und einer Opernsängerin aus Deutschland brachte 1994 frischen Wind ins Filmbusiness. Eine Schauspielerin ohne Allüren, die lieber in düsteren Spelunken Salsa tanzte als bei Premieren in die Kameras zu lächeln, die Omas Bratwürste aus Nürnberg Tuna Tatar vorzog, war in Hollywood eine Rarität.
Sie kann „fluchen wie ein Lkw-Fahrer“, renovierte alle ihre Domizile eigenhändig, vom Parkettboden und Fliesen verlegen bis zu „Wände niederreißen und wieder aufzubauen“.
Doch Ruhm geht an keinem spurlos vorüber. Sandy galt plötzlich als schwierig – wohl auch deshalb, weil Frauen damals wie heute oft so dargestellt werden, wenn sie in Wirklichkeit nur wissen, was sie wollen und das auch durchsetzen. „Jeder, der sagt, dass dich Erfolg nicht verändert, lügt“, sagte sie später. Nach ihrem Oscar 2009 für „Blind Side – Die große Chance“drehte sie nur noch Projekte, die ihr Spaß machten. Wie „Oceans 8“, das ihr ihr guter Freund George Clooney einredete: „Sie wissen schon, dass George und ich dieselbe Person sind, oder?!“, lacht sie. „Wir kommen nie gleichzeitig vor. Nein, George wollte von Anfang nicht mitspielen, das war klar. Er hat mich auf der Party eines gemeinsamen Freundes gefragt, ob ich den Film annehmen würde, und es war mir wichtig, dass er sein Okay gibt. George wird immer der Anführer dieses Ratpacks bleiben. Wir wollten den Spaß, den die alte Gang während der Dreharbeiten zu den drei Filmen hatte, rekreieren. Das ist uns absolut nicht gelungen. Wir hatten null Spaß. Es gab keine Bar auf dem Set, wir drehten nicht in Las Vegas, es gab keine betrunkenen Nächte!“
Erkenntnisse sammelte sie über die Jahre: „Mir wurde irgendwann klar, dass das psychische Packerl, das ich mit mir herumtrug, gar nicht meins war. Dass der Berg, den ich mühsam raufgeklettert bin, nicht mir gehörte. Mit der Erkenntnis kam eine große Erleichterung.“
Bullock sieht sich „als ganz normaler Mensch. Ich shoppe nicht auf dem Rodeo Drive und bin überhaupt ein ganz entsetzlich schlechter Star. Ich lebe in dreckigen Jeans und T-Shirts und treibe mich die meiste Zeit auf Baustellen herum“, sagt sie, während sie die Beine in den Designerstöckeln gekonnt übereinanderschlägt, sich das Alberta-Ferretti-Kleid zurechtrückt und eine perfekt frisierte Locke aus dem perfekt geschminkten Gesicht streicht. Die Ironie des Moments bleibt ihr nicht verborgen: „Wir sitzen hier im Four Seasons Hotel! Ich war gezwungen mich zu verkleiden!“