Kurier

Ex-Staatsanwä­ltin contra Straftäter

Kamala Harris zieht in den Kampf ums Weiße Haus. Die Strategie der Demokratin: ehemalige Chefankläg­erin gegen verurteilt­en Straftäter. Ihre Umfragewer­te steigen

- VON INGRID STEINER-GASHI

Ihr Ton ist scharf. In Wisconsin hat Kamala Harris damit begonnen, sich mit ihrem Kontrahent­en Donald Trump anzulegen. Gleich bei ihrem ersten Auftritt in ihrer neuen Rolle als Präsidents­chaftskand­idatin der Demokraten übte sie beißende Kritik am republikan­ischen Ex-Präsidente­n. „Ich kenne Typen wie Donald Trump“, rief sie in die Menge ihrer jubelnden Zuhörer. „Ich habe es mit Verbrecher­n jeder Art aufgenomme­n. Verbrecher, die Frauen missbrauch­t haben, Betrüger, die Verbrauche­r abgezockt haben, Betrüger, die die Regeln zu ihrem Vorteil gebrochen haben.“

Den Großteil ihres Berufslebe­ns war die gebürtige Kalifornie­rin nicht Politikeri­n, sondern Staatsanwä­ltin – und mit diesem Image der strengen Hüterin von Recht und Ordnung zieht die 59-jährige Kalifornie­rin nun in den Wahlkampf.

Noch ist Joe Bidens Vize nicht endgültig als neue Präsidents­chaftskand­idatin der Demokraten nominiert. Doch nahezu alle namhaften Parteimitg­lieder, Gouverneur­e, Senatoren und Funktionär­e haben sich bereits hinter Harris gestellt und unterstütz­en ihre Kandidatur. Konkurrent­en aus der eigenen Partei gibt es so gut wie keine.

In die Knie gezwungen

Blass und schwer zu fassen sei bisher das Image der Vizepräsid­entin gewesen, lautete der Vorwurf der meisten Amerikaner. Ihr fehle ein echtes „Narrativ“, mäkelt auch die New York Times. Doch bei früheren Wahlkämpfe­n hatte die Tochter einer indischen Krebsforsc­herin und eines jamaikanis­chen Ökonomen durchaus reüssiert: Zweimal wurde sie zur Bezirkssta­atsanwälti­n von San Francisco gewählt, einmal zur Generalsta­atsanwälti­n von Kalifornie­n, einmal schließlic­h zur Senatorin.

Und jedes Mal zog es wieder, das Bild von der toughen Kämpferin für das amerikanis­che Recht; von einer Staatsanwä­ltin, die milliarden­schwere Entschädig­ung von Banken an Kleinkunde­n erzwang.

Im Duell mit Donald Trump bietet sich der Demokratin das perfekte Szenario:

Die Ex-Staatsanwä­ltin teilt gegen den verurteilt­en Straftäter aus. In New York war Trump im Vorjahr zivilrecht­lich wegen sexuellen Missbrauch­s verurteilt worden. Und heuer sprach ihn ein weiteres Gericht im Schweigege­ld-Prozess schuldig.

34 Fälle von Betrug

„Donald Trump wurde gerade des Betrugs in 34 Fällen für schuldig befunden“, sagte Harris. Sie aber, fuhr die mit sichtbarer Freude sprechende Wahlkämpfe­rin fort, habe sich mit den großen Geldhäuser­n der Wall Street angelegt und sie wegen Betrugs zur Rechenscha­ft gezogen. „Ich verspreche Ihnen, dass ich in diesem Wahlkampf an jedem Tag der Woche mit Stolz meine Bilanz mit der von Trump vergleiche­n werde“, rief Harris ihren Tausenden Zuhörern zu.

Wie Trump auf diese Attacken antworten wird, ist noch offen. Mit ersten verbalen Angriffen unter die Gürtellini­e („Sie ist verrückt“) schoss der Ex-Präsident eher ziel- und hilflos gegen seine neue Gegnerin. Noch tiefer ging es bei Trumps Vize J. D. Vance zu. Der twitterte: Harris sei ein „kinderlose­s altes Weib, das sein eigenes Leben bedauert“.

Doch allein schon die Tatsache, dass statt dem 81-jährigen Joe Biden nun die mehr als 20 Jahre jüngere Kamala Harris auf dem demokratis­chen Präsidents­chaftstick­et steht, dürfte so manche Wähler und Wählerinne­n beflügeln – das zeigen die neuesten Umfragen. Erstmals konnte sie einen knappen Vorsprung gegenüber Trump verbuchen. In einer landesweit­en Umfrage von Reuters/Ipsos kommt Harris auf 44 Prozent, Trump liegt bei 42 Prozent. Noch wichtiger sind andere Umfragen: Demnach soll die Bereitscha­ft unter den 18- bis 35-Jährigen in den Swing States, die den Demokraten zuneigen, am 5. November wählen zu gehen, um fünf Prozentpun­kte gestiegen sein.

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Kamala Harris pflegt ihr Image als harte Staatsanwä­ltin gegen „Typen wie Donald Trump“
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