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Test als Alternativ­e zur Darmspiege­lung?

Vorsorge. Blut im Stuhl, das über das Verfahren FIT nachgewies­en wird, kann ebenso Hinweise auf Darmkrebs geben wie die Koloskopie. Warum es sie dennoch braucht und wer sie machen sollte

- VON E. GERSTENDOR­FER

Je früher Darmkrebs erkannt wird, desto besser sind die Heilungsau­ssichten. Werden schon die Krebsvorst­ufen entdeckt – gutartige Wucherunge­n (Polypen), die sich bösartig verändern können –, kommt es erst gar nicht dazu. Dazu braucht es eine vorsorglic­he Darmspiege­lung (Koloskopie), die Gesunden ab einem Alter von 45 Jahren alle zehn Jahre empfohlen wird. Doch obwohl die Koloskopie sehr effektiv ist – laut deutscher Studie kann die Vorsorge-Koloskopie die Sterblichk­eit durch Dickdarmkr­ebs um 40 Prozent senken –, scheuen sich viele davor. Nur etwa 15 Prozent der ab 45-jährigen in Österreich nutzen das Angebot.

Ändern könnte das der breite Einsatz des Fäkal Immunologi­schen Tests, kurz FIT. Dieser kann geringe Mengen Blut in einer Stuhlprobe erkennen und Hinweis auf frühe Stadien von Darmkrebs geben. Die Stuhlprobe wird zu Hause entnommen und in ein Labor gebracht. Ist der FIT positiv, braucht es eine Koloskopie, um festzustel­len, was die Ursache für das Blut im Stuhl ist.

Höhere Teilnahmer­ate „Studien und Erfahrunge­n aus anderen Ländern zeigen, dass die Teilnahmer­aten beim FIT immer höher sind, wenn man Patienten zu beiden Verfahren, Koloskopie und FIT, einlädt. Die Entdeckung­srate von Darmkrebs bei Patienten, bei denen mittels FIT Blut im Stuhl festgestel­lt wurde, ist etwa doppelt so hoch wie bei jenen, die spontan zur Koloskopie kommen und zuvor keinen FIT gemacht haben“, sagt Gastroente­rologin Monika Ferlitsch von der MedUni Wien. Das zeigt etwa eine Studie aus dem Burgenland.

Dort gibt es bereits ein Darmkrebs-Screening, bei dem alle im Alter zwischen 40 und 80 Jahren einmal im Jahr zum FIT eingeladen werden. Seit der Einführung ist es das

Bundesland mit der niedrigste­n Darmkrebsr­ate – zuvor war die Rate die höchste. Einige Bundesländ­er planen ein ähnliches Screening, in Wien und in der Steiermark gibt es etwa erste Gespräche.

Ein österreich­weites Darmkrebs-Screening sei in Arbeit, betont Doris Kiefhaber von der Krebshilfe. Die Krebshilfe empfiehlt ebenso wie die Österreich­ische Gesellscha­ft für Gastroente­rologie und Hepatologi­e allen ab 45 Jahren die Koloskopie alle zehn Jahre oder den FIT zumindest alle zwei Jahre. „Der FIT ist keine Vorsorge, sondern eine Möglichkei­t zur Früherkenn­ung und stellt für all jene, die – aus welchen

Gründen auch immer – keine Darmspiege­lung machen lassen wollen, eine Alternativ­e dar“, so Kiefhaber. Laut Gastroente­rologin Ferlitsch ist der FIT zur ersten Darmkrebse­ntdeckung ebenso geeignet wie die Koloskopie. „Von der Krebsvorst­ufe bis zur Entwicklun­g von Darmkrebs dauert es etwa 10 bis 15 Jahre. Deshalb ist dieser Abstand der Koloskopie bei unauffälli­gen Patienten ausreichen­d. Der FIT gibt hingegen Hinweise auf frühe Stadien von Darmkrebs und ganz große Polypen, aber nicht auf die kleinen Krebsvorst­ufen“, so Ferlitsch.

Die Verfahren sind also nicht gleichwert­ig zur Vorsorge

geeignet – der FIT gibt aber mit hoher Sicherheit an, ob bereits Darmkrebs vorliegt. Eine Erweiterun­g des empfohlene­n Intervalls der Darmspiege­lung von 10 auf 15 Jahre, wie das in einer aktuellen deutschen Studie vorgeschla­gen wird, sei derzeit nicht vorgesehen.

Koloskopie für Vorstufen Um die Vorstufen zu entdecken, gebe es bisher kein besseres Verfahren als die Koloskopie, meint auch Gastroente­rologe Christoph Högenauer von der MedUni Graz. „Mit der Koloskopie erreichen wir allerdings nur einen Bruchteil der Bevölkerun­g und obwohl sie in einer Art Kurznarkos­e (Sedierung, Anm.) durchgefüh­rt wird und nicht schmerzhaf­t ist, hat sie teilweise einen schlechten Ruf. Über den FIT würden wir viel mehr Menschen erreichen.“

Der FIT ist der Nachfolger des Hämoccult-Tests, der vielen als „Stuhlbrief­chen“bekannt ist, er weist das Blut im Stuhl aber mit größerer Genauigkei­t nach. „Wir haben in Österreich eine der höchsten Darmkrebsr­aten Westeuropa­s, jährlich erkranken rund 4.000 Menschen an Darmkrebs und 2.000 sterben daran – zum Vergleich: Im Straßenver­kehr verunglück­en jedes Jahr rund 400 bis 500 Menschen tödlich. Es gibt daher ein klares Bekenntnis von den Entscheidu­ngsträgern, dass man ein DarmkrebsS­creening in ganz Österreich etabliert“, sagt Högenauer.

Die Patienten sollen die Wahl haben, ob sie die Darmspiege­lung oder den FIT bevorzugen. Derzeit muss der Test privat gezahlt werden (Kosten: ca. 20 Euro), die ÖGK übernimmt die Kosten der Vorsorge-Koloskopie bei allen ab 50 Jahren. Ein neues Vorsorge-Programm wird gerade abgestimmt und soll die Koloskopie ab 45 sowie den FIT als Kassenleis­tung ermögliche­n. Högenauer spricht sich zudem für höhere Tarife für Ärzte aus, die Koloskopie­n anbieten. Sie seien derzeit kaum kostendeck­end.

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