Kurier

Verrückter Frühling setzt Blüten zu

Wein- und Obstbau. Die Wetterextr­eme sind ein Problem. Bei den Rogls in Bad Hall ist die Temperatur um 4,5 ° gestiegen

- VON GERHARD MARSCHALL

Am Anfang waren die Liebe zum Wein und eine gehörige Portion Zuversicht. „Wir haben uns gesagt: Probieren wir es“, erinnert sich Armin Rogl an den Start. „Und siehe da“, ergänzt Vater Josef, „es hat perfekt gepasst.“2017 wurden in der Ortschaft Großmenger­sdorf in Bad Hall (Bez. Steyr-Land) auf zwei Hektar Pachtgrund ein Weingarten angelegt. Zwei Jahre später war Jungfernle­se.

Internet-Verkostung

Dann kam die Pandemie, das gesellscha­ftliche Leben lag darnieder: kein einziger Kunde, kein Fest, keine Gastronomi­e. Doch die Rogls ließen sich nicht entmutigen, waren kreativ. Sie luden zur Live-Verkostung im Internet, das Interesse war enorm. 1.500 Flaschen wurden ausgeliefe­rt. Und so saßen am 6. Juni 2020 punkt 19 Uhr viele vor dem PC und verkostete­n, wenn schon nicht zusammen, so doch gemeinsam den ersten Bad Haller Wein.

„Die Leute waren zuerst neugierig und dann begeistert“, erzählt Armin Rogl. Das Weingut basiert freilich nicht auf Euphorie und Romantik, sondern vor allem auf fachlicher Kompetenz. Armin Rogl (31) studierte nach der Matura an der Universitä­t für Bodenkultu­r in Wien und an der Hochschule für Agrarund Umweltpäda­gogik in Ober St. Veit.

Seine Neugierde treibe ihn stetig an, sagt er: „Der Erfolg zeigt, dass die Kombinatio­n aus agrarische­m Grundwisse­n und zukunftsor­ientiertem Weinbau Früchte trägt.“Rogl hat sich gut überlegt, wo er seinen Weinberg anlegen wird. Der Südhang bekommt viel Sonne ab, tonhaltige­r Boden, kühle Nächte und ausreichen­d Niederschl­äge bieten zudem ideale Bedingunge­n.

Klimawande­l

Wie überall in Oberösterr­eich komme auch hier der klimatisch­e Wandel dem Weinbau zugute, weiß der Vater. „Seit 1960 ist in Bad Hall die durchschni­ttliche Temperatur um 4,5 Grad gestiegen.“Nach dem geglückten Debüt kam 2022 ein zweiter Weingarten hinzu. Im Herbst wird dort erstmals Grauer Burgunder gelesen. Schon bisher im Sortiment: Grüner Veltliner, Grüner Veltliner classic und Gelber Muskatelle­r, der im Vorjahr bei der Austrian Wine Challenge (AWC) mit Gold prämiert wurde.

Gekeltert, gelagert und abgefüllt wird bei Florian Eschlböck in Hörsching. Aus der Kooperatio­n haben sich Freundscha­ft und allerlei Ideen entwickelt. Die beiden haben sich mit dem Weingut Greindl in Naarn zu den „OÖ Genusswinz­ern“zusammenge­tan. An

geboten wird etwa eine Weinreise, im Rahmen eines Tagesausfl­ugs werden die drei Betriebe besucht – vergleiche­nde Degustatio­n inklusive.

Ein Erfolgsgeh­eimnis ist der familiäre Zusammenha­lt der Rogls. Armin unterricht­et an der HBLA St. Florian Landtechni­k und Physik, ist auf Unterstütz­ung angewiesen. Seit der Pensionier­ung hat der Vater – er war bei der Energie AG als Jurist tätig – Zeit und Muße. Er steht nahezu täglich im Weingarten, bei rund 10.000 Rebstöcken gibt es das ganze Jahr über etwas zu tun. Seine Frau Isolde, Juristin an der BH Kirchdorf, arbeitet im Hintergrun­d, bereitet etwa eine schmackhaf­te Jause für die Weinverkos­tungen zu. Die werden im heimeligen Heurigenlo­kal angeboten, immer wieder auch im Weingarten.

„Am Anfang wurden wir belächelt“, erinnert sich Armin Rogl. Davon kann keine Rede mehr sein. Mittlerwei­le ist der Wein eine Marke von Bad Hall. Den lassen sich Kurgäste schmecken, die regelmäßig vorbeischa­uen. Auch hat eine Yoga-Gruppe den Weingarten als Ort der Ruhe und Beschaulic­hkeit für sich entdeckt. Nicht zuletzt ist die Lese im Herbst zum gesellscha­ftlichen Ereignis geworden, auch der Bürgermeis­ter hilft mit.

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