„Sky Shield“: Warum es für Tanner und das Heer nicht um die Neutralität geht Luft.
Bei dem System gehe es um einen gemeinsamen Kauf von 19 Staaten. Im Ernstfall entscheide Österreich souverän
Ob Drohnen, gleich welcher Größe, ob Kampfflugzeuge, Raketen oder Hubschrauber: Wann immer es um fliegende Gefahren geht, ist Gerfried Promberger der Mann, an den man sich im Bundesheer zu halten hat: Der Brigadier ist „Airchief“, also Chef der Luftstreitkräfte. Und in seinen Bereich fällt eines der sicherheitspolitisch derzeit umstrittensten Projekte, nämlich „Sky Shield“– das europäische Raketen- und Flugabwehrsystem.
Wie berichtet, will Österreich gemeinsam mit 19 europäischen Ländern an diesem Projekt teilnehmen, eine entsprechende Erklärung wurde kürzlich in der Schweiz von Verteidigungsministerin Klaudia Tanner unterzeichnet. Vor wenigen Tagen war Brigadier Promberger in Norddeutschland zu Gast, um Details zu „IRIS-T“, dem Waffensystem hinter Sky Shield, zu erfahren. Immerhin hat die Regierung in den nächsten zehn Jahren gut zwei Milliarden Euro für den Schild budgetiert. Eine ordentliche Summe, aber das ist nicht das größte Problem, das die Opposition damit hat.
Die FPÖ hält prinzipiell wenig von dem defensiven Abwehrschild: Die Neutralität sei in Gefahr, es drohe zu viel Einfluss der NATO und ein Verlust an Souveränität. So weit wollen Neos und SPÖ nicht gehen. Aber schlecht informiert fühlen sie sich allemal von Tanner. Höchste Zeit also für das Ressort, über den Letztstand zu informieren.
Der schwerste Einwand, dass Österreich seine Souveränität abgebe und die Neutralität verletze, ist für die Ministerin schlichtweg „an den Haaren herbeigezogen“: „Es gibt keinen Verfassungsoder Völkerrechtsexperten, der einen Konflikt mit der Neutralität sieht“, sagt Tanner am Dienstag vor Journalisten.
Dafür spreche nicht nur, dass auch die neutrale Schweiz an Sky Shield teilnehmen wolle, sondern der Kern dessen, was das Programm sei, nämlich: ein gemeinsamer Beschaffungs- also Kaufvorgang. „Sky Shield ist keine Initiative der NATO, sondern von Deutschland“, sagt Promberger. Im Prinzip gehe es darum, dass Österreich mit 19 Partner-Staaten ein Abwehrsystem beschafft, bei dem sich viele positive Nebeneffekte ergeben: Dadurch, dass alle Länder dasselbe System ankaufen, wird der Preis günstiger; auch Ausbildung und Wartung könne man gemeinsam erledigen.
Riesige Lücken
Bei der Luftabwehr habe Österreich derzeit „riesige Lücken“. Und anstatt eine „Insellösung“einzurichten, bei der sich die Republik alleine um Wartung und Ausbildung kümmern müsse, könne man dank der gemeinsamen Beschaffung mit anderen Staaten Steuergeld sparen.
Sowohl Tanner als auch Promberger stellten am Dienstag erneut klar, dass im Ernstfall ausnahmslos Österreich selbst entscheide, wie es die rein defensive Waffe „IRIS-T“über dem Staatsgebiet einsetzt. „Es ist dieselbe Befehlskette wie beim Eurofighter“, sagt Promberger.
Noch vor Dezember will man den nächsten Schritt gehen und mit Deutschland, das die Beschaffung für alle Teilnehmerländer federführend abwickeln würde, einen detaillierteren Vertrag abschließen. Und die Opposition?
Sie werde „zeitnah“im Landesverteidigungsausschuss informiert – und außerdem werde es eine parlamentarische Enquete geben.