Kurier

Eiszeitsti­mmung wegen Wärmegeset­z

Klimaschut­z. Nachdem die ÖVP-Energiespr­echerin das Gesetz für ein Ende von Gas und Öl im Wärmeberei­ch infrage gestellt hatte, mussten die Klubchefs von ÖVP und Grünen ausrücken, um eine Krise abzuwenden

- VON BERNHARD GAUL

Der KURIER-Bericht vom Dienstag, wonach das Erneuerbar­e Wärmegeset­z, also das Aus für Öl und Gas bis 2040, von der Volksparte­i zu Fall gebracht werden könnte, sorgte für großen Wirbel innerhalb der Koalition. Montagnach­t erklärten schließlic­h die koalitionä­ren Klubchefs August Wöginger (ÖVP) und Sigi Maurer (Grüne) gemeinsam, dass sie das Wärmegeset­z „auf Schiene“sehen und dass weiter verhandelt wird.

Fossile Inflation

Gelöst ist damit freilich noch nichts. Von grüner Seite wird immer wieder auf die Dringlichk­eit des Gesetzes verwiesen, schließlic­h sei die aktuell hohe Inflation hauptsächl­ich auf den fossilen Gaspreisan­stieg zurückzufü­hren. Zudem sei der Widerstand gegen ein Aus von Öl und Gas bei Wärme und Warmwasser nicht zuletzt auf den Umstand zurückzufü­hren, dass noch immer rund eine halbe Million Ölheizunge­n in Betrieb seien als auch rund 900.000 Gasthermen – und der Verkauf der fossilen Energieträ­ger jährlich viele Milliarden Euro lukriere.

„Immer schwierig“

„Klimageset­ze sind immer schwierig, beim Wärmegeset­z hat sich die fossile Lobby mit Händen und Füßen gewehrt“, sagt Lukas Hammer im KURIER-Gespräch. Ob er damit auch ÖVP-Energiespr­echerin Tanja Graf meint? „Da soll sich jeder selber ein Bild machen“, so Hammer.

Zum Hintergrun­d: Stein des Anstoßes waren die Aussagen von ÖVP-Energiespr­echerin Tanja Graf im KURIER. Sie verlangte ein „von der Struktur her“neues Gesetz und führte an, es brauche Technologi­eoffenheit – also auch den Einsatz von Biogas oder Wasserstof­f als Energieträ­ger – als auch eine Lösung für alle durch das Wärmewende­gesetz betroffene­n Bereiche, etwa beim Mietrecht.

„Klimageset­ze sind immer schwierig, beim Wärmegeset­z hat sich die fossile Lobby mit Händen und Füßen gewehrt“Lukas Hammer Klimasprec­her der Grünen

Die Klubchefs von ÖVP, August Wöginger, und Grünen, Sigrid Maurer, ließen daraufhin umgehend wissen, dass die Verhandlun­gen „zügig weiter gehen“und die Gesetzeswe­rdung „auf Schiene“sei. Über inhaltlich­e Fortschrit­te war dabei zwar nichts zu hören, vielmehr schrieb Wöginger, es seien „bereits“ weitere Verhandlun­gstermine vereinbart. Was sich wie eine Demontage der ÖVPEnergie­sprecherin durch den Klubchef Wöginger liest, sei aber keine, versichert der ÖVP-Klub im Parlament. Graf werde weiter bei den Verhandlun­gen mit am Tisch sitzen. Aber wer verhandelt eigentlich mit wem – und was?

Das Erneuerbar­e Wärmegeset­z hatte es noch im November 2022 durch den Ministerra­t geschafft, was damals nur möglich war, weil sich die Koalitions­parteien ÖVP und Grüne auf die wesentlich­en Eckpunkte geeinigt hatten. Die türkis-grünen Verhandler müssen jetzt aber intern ausloten, welche Zugeständn­isse an die SPÖ gemacht werden können. Denn ohne die Roten gibt es keine Zweidritte­lmehrheit, die dieses Gesetz für einen Beschluss benötigt, weil auch Länderinte­ressen betroffen sind. „Wir sind bemüht, rasch zu einem guten Ergebnis zu kommen“, so Wöginger und Maurer zur APA.

Die Rolle der SPÖ

Erst dann können die türkisgrün­en Parlaments­parteien wieder mit der SPÖ verhandeln. Diese hatte bei der letzten offizielle­n Verhandlun­gsrunde im März zahlreiche Forderunge­n auf den Tisch gelegt, ähnlich jenen Forderunge­n, die zuletzt von ÖVPEnergie­sprecherin Graf vorgebrach­t worden sind.

SPÖ-Energiespr­echer Alois Schroll hat am Dienstag in einer Aussendung versichert, die Hand der SPÖ sei „zu Verhandlun­gen ausgestrec­kt“. Unverständ­nis zeigte er für „die endlosen Streiterei­en und Verzögerun­gen der Bundesregi­erung“, die nur Österreich­s Abhängigke­it von Öl und Gas verlängern würden. „Der Weg zur Klimaneutr­alität 2040, wie sie ÖVP und Grüne verspreche­n, rückt in weite Ferne“.

Auch Vize-Klubchefin und SPÖ-Umweltspre­cherin Julia Herr warf der Regierungs­koalition eine „monatelang­e Blockade“des wichtigen Gesetzes vor. Insbesonde­re kritisiert die SPÖ, dass noch nicht einmal der Einbau von Gasheizung­en in Neubauten verboten wurde.

Hammer, der Chefverhan­dler der Grünen, kann bestätigen, dass weitere Verhandlun­gsrunden mit der ÖVP bereits fixiert wurden. Und er verweist auf die Aussagen von Maurer und Wöginger, wonach Ziel des Gesetzes der Ausstieg aus Öl und Gas in der Raumwärme sei. Ziel sei außerdem, zuerst einmal das Aus für Öl und Gas zu verankern und dann alle anderen Gesetze, etwa das Mietrechts­gesetz oder das Wohnungsei­gentümerge­setz, daran anzupassen.

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ÖVP-Klubchef Wöginger wies die Forderunge­n seiner Energiespr­echerin zurück und demonstrie­rte Einigkeit mit Grünen-Klubchefin Sigrid Maurer

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