Jetzt geht’s ums Trinkgeld
Streitfrage. Auch in Österreich wird bereits manchmal ungefragt ein Zuschlag verrechnet. Weil die Konsumenten sonst wegen der höheren Preise zu wenig geben würden?
Unfreiwillig. Die „Tipflation“erhitzt die spätsommerlichen Gemüter, nicht nur in den USA (siehe unten). Auch in Österreich wurde sie schon gesichtet. Das Kofferwort aus Trinkgeld (tip) und Teuerung (Inflation) beschreibt, dass Sachen teurer werden, weil automatisch ein ProverrechItalienurlaub zentsatz für den Service net wird. Was im akzeptiert wird, sorgt zu Hause oft für Stirnrunzeln. Zumal man dabei als Gast nicht selbst entscheidet, ob und wie zufrieden man war. Auch wird, ganz entgegen italienischer Sitte, der Aufder schlag teils auch bei an Theke abgeholter Ration verrechnet.
Dass die Gäste im Zeichen der Inflation mehr „aufs Geld schauen“bzw. je nach Perspektive mit dem Trinkgeld geizen, haben Branchenvertreter bereits im August moniert – man könnte insofern von einer Form gastronomischer Notwehr sprechen. Allerdings dürfte sich das in der Realität zumindest differenziert abspielen. Mit Stammwirt oder Stammwirtin verscherzen es sich die Gäste nämlich ungern, noch gefährlicher dürfte es bei anderen Dienstleistungen sein, die in Österreich traditionell mit einem Trinkgeld zusätzlich entlohnt werden.
Aus Sicht von Marina Pichler, Friseurin in Salzburg Land, hat sich dabei trotz Inflation nichts geändert: „Der eine gibt mehr, der andere weniger, das war schon immer so“, sagt die Friseurin. Im Durchschnitt würden zwei bis fünf Euro pro Kunden in der Trinkgeldkassa landen. Ein über die Jahre konstanter Wert. Auch Branchensprecher Wolfgang Eder hört von seinen Kollegen nichts von einer neuen Knausrigkeit unter den Kunden: „Die Umsatzsituation ist nicht schlecht, das Dilemma ist nur, dass die Kosten stark gestiegen sind und es damit bei der Gewinnsituation schlecht ausschaut.“
„Mit Karte Bitte“
Ein weiteres Phänomen ist bereits seit der Corona-Pandemie bekannt: Kartenzahlung ist schlecht fürs Trinkgeld. So wird bei Barzahlung, etwa im Taxi, für gewöhnli ch aufgerundet, schon alleine um die Prozedur mit dem „Schotter“abzukürzen. Gäste, die mit Karte zahlen, zahlen hingegen häufig passend. Für die Beschäftigten im Dienstleistungssektor ist die zunehmende Popularität der Kartenzahlung insofern keine gute Nachricht.