Wo die Eulen laut heulen und frühere Bürgermeister zu „Opapas“werden
Am offiziellen Vorlesetag gaben prominente Buch-Fans in einer Wiener Volksschule Kinderbuch-Klassiker zum Besten
Bildung. Er ist ein Star. Man kennt ihn aus Netflix-Serien und dem ZDF, im Burgtheater ist er das jüngste EnsembleMitglied. Aber für die Kinder der 1A ist Bless Amada jetzt einfach nur der Mann mit dem Buch. Der, der so unglaublich lustige Geräusche machen kann. Amada liest aus der „Heule Eule“, einem Kinderbuch-Klassiker.
Nach ein, zwei Sätzen mit herz-erweichendem Geheul lachen die Ersten in der 1A laut auf. Und rund um die Stelle, an der das Eichhörnchen mit vollem Mund quasselt, hat Amada sie alle: Er liest und spielt, er flüstert und brüllt, er macht das auf Hochdeutsch und Französisch und später auf Ewe, seiner afrikanischen Muttersprache.
Der 23. März ist österreichischer Vorlesetag. Und eine „Armada“an prominenten Vorleserinnen und Vorlesern ist deshalb in die Brüßlgasse gekommen, um den kleinen Menschen vorzuleben, warum Sprache, Lesen und Schreiben so ungemein wichtig und lustig sind.
2023 lautet das Motto Mehrsprachigkeit. Zeynep Buyac, erste türkisch-stämmige Burgtheater-Schauspielerin,
liest deshalb auch auf Türkisch; Tamim Fattal von der Josefstadt lässt das Arabische durchblitzen.
„Die deutsche Sprache ist der Motor für Integration“, sagt Direktorin Petra Linsbichler. Dennoch versuche man, die „mehrsprachige Alphabetisierung“zu leben und die Sprachkenntnisse in allen Bereichen zu verbessern.
Auf dem Gang steht ein älterer Mann. Die Kinder kennen ihn nicht, aber dafür alle Lehrer. „Sprachen zu beherrschen und zu verstehen, das ist einfach eine ungemeine Qualität“, sagt der Mann, der Michael Häupl heißt. Er liest immer wieder an Schulen vor, jetzt geht er über die Stufen hinunter in den Keller, in die Bibliothek.
Der Alt-Bürgermeister macht es sich in einem weißen Lesesessel bequem. Nach kurzem Zurechtrücken hat Häupl seine Utensilien an der Hand („Der Opapa braucht jetzt Brillen“). Dann legt er los und liest aus „Weißt Du eigentlich, wie lieb ich dich hab?“Herr Häupl gibt kein Hochdeutsch, er macht’s auf Wienerisch. „I hob di gern, so hoch wia i hupfn kao.“Nicht alle Kinder verstehen jedes Wort. Auch nicht die Erwachsenen. Und trotzdem lieben sie es: das Vorlesen.