Kurier

Was sich die Bürger für eine bessere EU wünschen

Vom Insektensc­hutz bis zur EU-Armee: 49 Vorschläge werden Regierunge­n vorgelegt

- INGRID STEINER-GASHI

„Zukunftsko­nferenz“. Sie haben den Anzug gegen Radlerhose­n getauscht und sind losgedüst: An die 2.000 Kilometer haben Martin Selmayr und Paul Schmidt im Vorjahr absolviert, an die 700 Gespräche geführt, mit Bürgermeis­tern ebenso wie mit Bergbauern – immer mit den Fragen im Gepäck: Was gefällt an der EU, was missfällt und gibt es konkrete Verbesseru­ngsvorschl­äge?

Selmayr, der Vertreter der EU-Kommission in Wien, und sein Mitradler Schmidt, Chef der Österreich­ischen Gesellscha­ft für Europapoli­tik (ÖGfE), haben dabei ebenso die Probleme der Salzburger Almbewirts­chafter mit Wölfen besprochen wie den Wunsch vieler Österreich­er nach einer reagierend­en EU.

Wieder im sportliche­n Outfit haben die beiden Radler am Mittwoch in Wien die Ergebnisse ihrer Stimmungse­rhebung präsentier­t. Und die besagt, dass von allen Themen, die Österreich­er in Verbindung mit der EU bringen, eines das Wichtigste ist: der Klima- und Umweltschu­tz. rascher

Großes Experiment

Die konkreten Ergebnisse ihrer Erhebungen und Gespräche sind in die seit einem Jahr in ganz Europa laufende „Konferenz für die Zukunft Europas“eingefloss­en. Dieses noch nie da gewesene Experiment umfassende­r europäisch­er Bürgerbete­iligung wurde vergangene­s Wochenende abgeschlos­sen. In zahlreiche­n Debatten, Konferenze­n, Gesprächsr­unden, aber auch online konnten EU-Bürger ihre Kritik, Ideen und Reformwüns­che einbringen.

Mehr Mitsprache

49 konkrete Vorschläge liegen nun auf dem Tisch. Vom besseren Schutz der einheimisc­hen Insekten vor invasiven Arten bis hin zu Maßnahmen gegen die drohende Überalteru­ng der Gesellscha­ft; von besseren Beziehunge­n der EU zu Drittlände­rn bis zu mehr Mitsprache­recht für das EU-Parlament beim europäisch­en Budget reicht die Bandbreite der Vorschläge.

Von Anfang an lag das größte Risiko der „Zukunftsko­nferenz“in der Frage: Wird die EU die Wünsche der Bürger aufgreifen und sie tatsächlic­h umsetzen? Die Regierunge­n der 27 EU-Staaten werden demnächst den Wunschkata­log der Bürger erhalten. Bereiche, die in die Zuständigk­eit der EU-Kommission fallen, würden in jedem Fall bearbeitet werden, versprach Kommission­svertreter Selmayr.

Doch bei wirklich schwierige­n Themen wie etwa dem Ende der Einstimmig­keit bei EU-Beschlüsse­n reden ausschließ­lich die Regierunge­n mit. Und dass sie ihre VetoKarte aus der Hand geben, zeichnet sich nicht ab.

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