Verzweifelte Suche nach Deutschlands Nessie
Thüringen-Krokodil sorgt für Aufregung. Einen Beweis, dass es existiert, gibt es nicht
Experten rätseln. Wahrnehmung beruht auf unvollständiger Information. Das ist eine Tatsache – und die Grundlage für optische Täuschungen: Man sieht, was man sehen will oder zu sehen glaubt. Sei es ein vor 66 Millionen Jahren ausgestorbener Plesiosaurier in einem mystischen schottischen Hochlandsee – das Ungeheuer von Loch Ness. Sei es ein aufrecht gehender Bär – Bigfoot. Sei es ein Krokodil im Thüringer Becken.
Entlang der Unstrut, einem Nebenfluss der Saale, passieren seit Wochen mysteriöse Dinge. Medien amüsieren sich, Experten und Anrainer sind alarmiert: Ein Krokodil soll sein Unwesen treiben. Angler wollen das Reptil bereits Ende August im südlichen Sachsen-Anhalt gesehen haben. Dann dürfte das Krokodil einige oder sehr viele Kilometer geschwommen sein. Denn vergangene Woche, am Dienstag, tauchte es wieder im Blickfeld einer Reiterin auf: Am Ufer der Unstrut, nahe der Stadt Roßleben-Wiehe, im Kyffhäuserkreis.
Nun wäre ein Krokodil im Gegensatz zu ausgestorbenen Dinosauriern eine reale Bedrohung. Experten nehmen die Angelegenheit ernst und forschen hartnäckig. Sie entdeckten dabei bereits einen verdächtigen Kothaufen, der später einem heimischen Säuger zugeordnet werden konnte: dem Fuchs. Ein Hubschrauber flog umsonst das Gebiet ab. Dutzende Polizisten und Feuerwehrleute durchkämmten die Uferbänke ohne Ergebnis.
Huhn-Falle erfolglos
Dann wollte man mit einer List das „Unstrudil“in eine Wildfalle locken. Ein totes Hühnchen an einer Schnur fungierte als Köder. Es wurde am Flussufer morgens aufund abends abgehängt. Ohne Erfolg: „Es war kein Verbiss am Hähnchen festzustellen“, konstatierte Heinz-Ulrich Thiele, LandratsamtPressesprecher des Kyffhäuserkreises. Die Suche geht trotzdem weiter. Auf Empfehlung der Zoos in Erfurt und Leipzig soll noch diese Woche mit einem ausgewiesenen Krokodil-Experten eine Uferbegehung erfolgen.
Vorausgesetzt, das Unstrut-Krokodil ist kein Fehlalarm: Wäre es dann überhaupt noch am Leben? Gut möglich. Krokodile können Wochen bis Monate ohne Nahrung überleben. Ein paar Fische gäbe es in der Unstrut sowieso. Zumindest aktuell sind auch die Temperaturen noch kein Problem, erklärte Oliver Wings, Forscher der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Als wechselwarmes Tier könne sich das Reptil Temperaturen von mehr als 20 Grad ebenso anpassen, wie denen im einstelligen Bereich.