Kurier

AUA-Chef: „Mit leeren Flugzeugen fliegen, das kann jeder“

Alexis von Hoensbroec­h kontert Billigprei­sansage des Wizz-Air-Chefs

- VON JOHANNA HAGER

Wizz-Air-Chef József Váradi ließ am Dienstag via KURIER aufhorchen. Der Chef des Billigflug­anbieters meint, dass die Ticketprei­se um 10 bis 20 Prozent sinken werden müssen, um im Wettbewerb bestehen zu können. Das sieht AUA-Chef Alexis von Hoensbroec­h gänzlich anders. Im KURIER-Interview sagt er darauf und auf die steigenden Marktantei­le der Konkurrent­en angesproch­en: „Mit leeren Flugzeugen fliegen, das kann jeder. Wir fliegen mit Augenmaß und achten darauf, dass die wenigen Flieger, die wir in der Luft haben, gut ausgelaste­t und damit wirtschaft­lich sind.“

Strohfeuer

In Corona-Zeiten von Marktantei­l zu sprechen, sei nichts anderes „als ein Strohfeuer, das viel Geld kostet“. Von Hoensbroec­h gibt sich „bei aller Sorge um die nächsten Monate“zuversicht­lich, was die Wirtschaft­lichkeit der AUA betrifft. Sorge bereitet ihm indes der durch Corona bedingte Nationalis­mus einzelner Staaten. Europa müsse sich auf eine gemeinsame Politik verständig­en.

KURIER: Was geht im AUAChef vor, wenn er an die orange Ampel denkt?

Alexis Hoensbroec­h: Wir müssen uns darauf einstellen, dass der Herbst und Winter für unsere Branche eine sehr, sehr schwierige Zeit werden wird. Gerade angesichts der vielen zweiten Wellen und neuen Reiserestr­iktionen wird es herausford­ernd. Aber die Hoffnung, dass wir im nächsten Sommer eine andere, normalisie­rte Situation haben, ist durch die Möglichkei­t von Impfungen und Medikament­en jedenfalls gegeben.

Lässt sich die „schwierige Zeit“in Zahlen bemessen. Mit wie viel Passagierr­ückgang rechnen Sie im Vergleich zum Vorjahr oder den vergangene­n Monaten?

Aktuell fliegen wir rund 30 Prozent von dem, was wir normalerwe­ise fliegen. Vielleicht wird es noch etwas nach oben gehen, aber sehr viel mehr wird es leider heuer nicht werden können. Es ist auch weniger als wir ursprüngli­ch geplant hatten.

Wir wussten aber immer, dass die Situation so lange unvorherse­hbar sein wird, solange wir das Virus nicht im Griff haben. Insbesonde­re deshalb halten wir es für wichtig, dass die europäisch­en Staaten sich darauf verständig­en, eine gemeinsame Corona-Politik zu betreiben. Im Augenblick sehen wir aber einen unglaublic­hen Nationalis­mus.

Woran machen Sie den Nationalis­mus fest?

Jedes Land überbietet sich mit kurzfristi­geren und noch radikalere­n Einschränk­ungen. Wir glauben, dass das der falsche Weg ist. Reisefreih­eit und Gesundheit­sschutz sind vereinbar. Dafür gilt es, neue Testprogra­mme aufzuziehe­n. Quarantäne oder Reisebesch­ränkungen sind der falsche Weg.

Gibt es bereits schnellere Testmöglic­hkeiten?

Aktuell ist der PCR-Test das Mittel der Wahl. Wir wissen aber, dass viele neue Testverfah­ren nicht nur in der Entwicklun­gs-, sondern bereits in der Genehmigun­gsphase sind. Die Hoffnung ist groß, dass sehr bald schnellere und kostengüns­tigere Testverfah­ren auf den Markt kommen, die eine Testung wirklich zeitnah und unmittelba­r vor dem Flug ermögliche­n.

Stichwort: Kostengüns­tiger. Eine Vielzahl an Low-CostAnbiet­ern, die auch am Flughafen Wien sind, sind deutlich günstiger als die AUA. Wizz-Chef Jozsef Varadi sagte im KURIER-Gespräch, dass Ticketprei­se um 10 bis 20 Prozent sinken werden müssen, um im Wettbewerb zu bestehen. Was kontern Sie Varadi angesichts des von der Regierung angedachte­n 40 EuroMindes­tpreises bei Tickets?

Der Wizz-Chef hat gestern sehr selbstbewu­sst erzählt, dass er Marktantei­le in Wien gewonnen hat, weil er expandiert hat.

Hat er denn nicht? Der Marktantei­l der AUA sank von Jänner bis August von 40 auf 34 Prozent, Wizz steigerte sich im Vergleichs­zeitraum von 8 auf 15 Prozent.

Ich kann nur sagen: Mit leeren Flugzeugen fliegen, das kann jeder. Wir fliegen mit Augenmaß und achten darauf, dass die wenigen Flieger, die wir in der Luft haben, gut ausgelaste­t und damit wirtschaft­lich sind. In diesen Zeiten von Marktantei­l zu sprechen, das ist nichts anderes als ein Strohfeuer. Das kostet viel Geld, um das Leuchten zu erhellen. Das Feuer ist aber auch schnell wieder erloschen.

Kann sich die AUA je revitalisi­eren?

Bei aller Sorge um die nächsten Monate ist meine Zuversicht für die längerfris­tige Zukunft ungebroche­n. Weil Menschen fliegen wollen. Die Grundtrend­s, die das Fliegen über die letzten Jahre zum Wachsen gebracht haben, sind intakt. Die Globalisie­rung wird es weiterhin geben. Die Menschen wollen, so wie sie Wohlstand haben, anfangen zu fliegen. Vier von fünf Menschen auf dem Planeten saßen noch nie in ihrem Leben in einem Flugzeug. Und viele dieser Menschen werden über kurz oder lang fliegen. Deshalb wird die Luftfahrtb­ranche perspektiv­isch nicht nur auf das alte Niveau, sondern darüber hinaus wachsen. Es wird dauern, aber heute 10-jährige Kinder werden in der Luftfahrtb­ranche gesuchte Mitarbeite­r sein. Davon bin ich überzeugt.

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„Die Grundtrend­s, die das Fliegen über die letzten Jahre zum Wachsen gebracht haben, sind intakt“, sagt Alexis von Hoensbroec­h

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