Kurier

Die Villen der Prominenz

Berühmte Bewohner. Wo Hans Moser, Peter Alexander, Katharina Schratt und Gustav Klimt wohnten

- GEORG MARKUS georg.markus@kurier.at

Die Villa des großen Volksschau­spielers Hans Moser in der Auhofstraß­e in Wien-Hietzing

Man ist schon sehr privilegie­rt, wenn man in einer der Villen am Stadtrand von Wien leben kann. Diese entstanden meist im 19. Jahrhunder­t und wurden von Aristokrat­en, Großbürger­n und Künstlern bewohnt. ORF III zeigt am Dienstag die Dokumentat­ion „Lebensraum Wiener Villen“. Wir stellen hier vier davon mit besonders prominente­n Bewohnern vor.

Hans Moser hat lange in feuchten Kellern und Bassena-Wohnungen gelebt, ehe er vom Film entdeckt wurde und sich das elegante Haus in der Hietzinger Auhofstraß­e 76 leisten konnte. Dem Kaufvertra­g aus dem Jahr 1931 ist zu entnehmen, dass er für die Gründerzei­t-Villa an die Vorbesitze­rinnen 100.000 Schilling zahlte (die heute rund 320.000 Euro entspreche­n).

Existenzän­gste

Doch Moser konnte das feudale Ambiente nie wirklich genießen. Geprägt durch die vielen Jahre als Schmierend­arsteller, der oft für ein Nachtmahl auftreten musste, litt er auch jetzt, als gefeierter Filmund Bühnenstar, unter Existenzän­gsten. Franz Antel, der mit ihm mehrere Filme gedreht hat, erzählte mir einmal, dass Moser den „Herrschaft­strakt“seiner Villa nur im Sommer bewohnte und die kalte Jahreszeit in der winzigen Hausmeiste­rwohnung im Parterre zubrachte, um Heizkosten zu sparen.

Im März 1938 verließ Hans Moser das Haus, um sich bei seiner Schwester in der Josefstadt anzusiedel­n. Der Grund: Seine jüdische Frau Blanca und seine Tochter Grete

traten die Flucht vor den Nationalso­zialisten an. Während Blanca nach Budapest und Grete nach Buenos Aires emigrierte­n, wollte Moser nicht allein in der großen Villa leben. Er bezog sie erst wieder, als seine Frau 1945 zurückkehr­te.

Nach dem Tod des Schauspiel­ers im Jahr 1964 stand die Villa infolge eines Erbschafts­verfahrens viele Jahre leer, da Mutter und Tochter zerstritte­n waren. Erst 1985, als beide tot waren, wurde das 2500 m2 große Anwesen vom Obersten Gerichtsho­f der „Hans-undBlanca-Moser-Stiftung zur Unterstütz­ung alter und kranker Menschen“zugesproch­en.

Heute eine Botschaft

Nachdem im Haus eine zeitlang das Restaurant „Villa Moser“untergebra­cht war, kaufte es im Jahr 2000 die Republik Aserbaidsc­han, die die Villa des Schauspiel­ers seither als Botschaft nützt. Eine Gedenktafe­l erinnert heute noch an den berühmten Bewohner.

Peter Alexander hat mit Moser etliche Filme gedreht, doch sein Einfamilie­nhaus in der Paul-Ehrlich-Gasse 8 in Wien-Döbling war weit weniger feudal. Es war ein schmucklos­es Gebäude aus den 1960er-Jahren, in dem der Publikumsl­iebling mehr als drei Jahrzehnte mit seiner Familie verbracht hat. Besonders die letzten Lebensjahr­e in dem Haus waren für Peter Alexander

schwer zu ertragen, verlor er doch 2003 seine Frau Hilde und 2009 seine Tochter Susanne, die 50-jährig bei einem Autounfall in Thailand starb. Daher ging das Anwesen nach Peter Alexanders Tod im Februar 2011 in den alleinigen Besitz seines Sohnes Michael Neumayer über. Bei den Bemühungen, es zu verkaufen, fanden sich lange keine Interessen­ten. Der Grund: Das Areal war viel zu groß für das relativ kleine Haus. Endlich, im Dezember 2015, erwarb ein Käufer um kolportier­te vier Millionen Euro das Haus samt Garten und Swimmingpo­ol. Knapp drei Jahre später ließ es der neue Besitzer abreißen, um auf dem Grund eine Wohnhausan­lage zu errichten.

Das Erbe brachte Alexanders Sohn kein Glück. Er starb im Jänner 2019 im Alter von 56 Jahren in der Türkei an den Folgen eines Blutgerins­els.

Die Burgtheate­rschauspie­lerin Katharina Schratt bezog im Jahr 1889 eine elegante ebenerdige Villa in der Hietzinger Glorietteg­asse 9, die ihr der Kaiser geschenkt hatte. Franz Joseph besuchte sie dort fast täglich um ½ 7 Uhr zum Frühstück. Die Villa lag gegenüber eines Seiteneing­angs des Schönbrunn­er Schlosspar­ks, war für den Monarchen also bequem zu erreichen.

Die Schratt geleitete den hohen Gast in das dunkel getäfelte Rauchzimme­r, in dem er sich bei Kaffee und Guglhupf meist durch den von ihm so geliebten Theaterkla­tsch unterhalte­n ließ.

Wieder im Bett

Die Villa in der Glorietteg­asse dient auch als Beleg dafür, dass die Beziehung des Kaisers zur Schratt nicht platonisch war, schreibt Franz Joseph doch seiner Freundin von einer Reise: „Dieses ist mein letzter Brief vor dem ersehnten, endlichen Wiedersehe­n. Da ich am 19. ungefähr um 6 Uhr Früh in Schönbrunn eintreffen werde, so werde ich mir erlauben um 8 Uhr in der Gloriette Gasse zu erscheinen mit der Hoffnung, Sie endlich wieder einmal zu Bett zu finden, was Sie mir auch halb und halb versproche­n haben.“

Nach ihrem Tod im Jahr 1940 war Katharina Schratts Sohn Anton Kiss der Universale­rbe. Er verkaufte die Villa, die im Zweiten Weltkrieg durch Bomben stark beschädigt wurde, und sich heute in Privatbesi­tz befindet.

Ebenfalls in Hietzing war das letzte Atelier von Gustav Klimt untergebra­cht. Der Maler benützte das Gartenhaus in der Feldmühlga­sse 11 von 1912 bis 1918 als Wohn- und Arbeitsstä­tte. Allerdings sah die Villa damals anders aus als heute: Es gab nur das Erdgeschoß, der erste Stock und die Freitreppe wurden erst nach seinem Tod dazugebaut.

Eine pikante Geschichte

Die Wohnung bestand aus sechs Räumen, die eine pikante Geschichte haben: Der Hauptvertr­eter des Jugendstil­s hat im Lauf seines Lebens Hunderte Mädchen gemalt und mit vielen von ihnen sexuelle Kontakte gehabt. So kam es, dass nach seinem Tod die Mütter von 14 Kindern im Verlassens­chaftsakt erklärten, dass Klimt deren Vater sei – in fünf Fällen wurde dies gerichtlic­h anerkannt.

„Ein bis zwei Mädchen“, hinterließ­en uns Besucher des Hauses, „warteten fast immer im Vorraum, dienten ihm als Kaffeeköch­innen, Musen, Objekte der Begierde“. Klimt selbst hat einiges dazu beigetrage­n, dass so viele Gerüchte über sein Liebeslebe­n in Umlauf sind. „Wer über mich etwas wissen will“, sagte er, „der soll meine Bilder ansehen“.

Vor Jahren gab es den Plan, die Klimt-Villa abzureißen, was man im letzten Moment verhindert­e, indem das Haus unter Denkmalsch­utz gestellt wurde. Es kann als Museum besichtigt werden.

Sobald wir uns wieder frei bewegen können.

Dienstag, 31. März, 21.05 Uhr ORF III: „Lebensraum Wiener Villen“, Doku von Marie-Thérèse Thiery und Isabel Gebhart.

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 ??  ?? Das eher schlichte Haus Peter Alexanders aus den 1960er-Jahren
Das eher schlichte Haus Peter Alexanders aus den 1960er-Jahren
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In dieser Villa in der Feldmühlga­sse hatte Gustav Klimt sein Atelier
 ??  ?? Die Hietzinger Villa, in der Katharina Schratt den Kaiser empfing
Die Hietzinger Villa, in der Katharina Schratt den Kaiser empfing
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 ??  ?? TV Tipp
TV Tipp
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