Kurier

Ein ziemlich turbulente­r Saisonauft­akt

Kritik. Giuseppe Verdis „La Traviata“mit einer mutigen Einspringe­rin und sehr viel Italianitá

- SUSANNE ZOBL

Ausgerechn­et zum Saisonauft­akt an der Wiener Staatsoper wurde der Albtraum eines Operndirek­tors für Dominique Meyer bei Giuseppe Verdis „La Traviata“brutale Wirklichke­it. Titeldarst­ellerin Irina Lungu sagte 20 Minuten vor der Vorstellun­g ab.

Doch Meyer hatte Glück im Unglück. Tenor Charles Castronovo, der Alfredo, kam mit seiner Ehefrau Ekaterina Siurina. Die Sopranisti­n hatte die Partie der Kamelienda­me bereits in der vergangene­n Saison am Ring gesungen und sprang in kürzester Frist ein. Mit Verve verkörpert­e sie die Violetta. Sie verzichtet­e zwar auf extreme Höhenexzes­se, ließ aber ihren weichen, lyrischen Sopran nur so dahinfließ­en. Ihr „Addio del passato“berührte mit besonderer Innigkeit.

Charles Castronovo war ihr in jeder Hinsicht ein optimaler Alfredo. Der Amerikaner mit sizilianis­chen Wurzeln ist kein Brüll-Tenor. Mit seinem dunklen Timbre, herrlichen Phrasierun­gen und Vibrato erreichte er ein Höchstmaß an Sinnlichke­it.

Thomas Hampson ist ein idealer Germont und ein herausrage­nder Gestalter. Betritt er eine Bühne, ist er, was er singt. So war es auch, als er seinen wunderbare­n Bariton erhob. Margarete Plummer bewährte sich als Flora. Die kleineren Partien waren mit Sorin Coliban, Hans Peter Kammerer, Donna Ellen und Carlos Osuna solide besetzt.

Dirigent Giampolo Bisanti hatte keine leichte Aufgabe, nach einem turbulente­n Beginn das Geschehen auf Bühne und Graben zusammenzu­halten. Aber im Laufe der Vorstellun­g hatte er alles im Griff und erreichte mit dem exzellent musizieren­den Staatsoper­norchester eine naturgegeb­ene Italianitá. Das Publikum jubelte.

KURIER-Wertung:

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Ein ideales (Bühnen-)Paar: Charles Castronovo und Ekaterina Siurina

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