Das nächste Urgestein fällt aus dem DAX hinaus
Thyssenkrupp. Stahlriese steigt in zweite Reihe ab
Da waren’s nur noch 13: Mit Thyssenkrupp verabschiedet sich ein weiteres Gründungsmitglied aus dem DAX. Der 1988 geschaffene Leitindex umfasst Deutschlands jeweils 30 stärkste Börseunternehmen. Dass der Aktienkurs in einem Jahr um die Hälfte abgestürzt ist, kostete den Stahlriesen nun den prestigeträchtigen Platz. Diesen nimmt ab 23. September der Triebwerksbauer MTU Aero ein.
Für Industrie-Urgestein Thyssenkrupp, dessen Vorläufer mehr als 200 Jahre alt sind, ist der Abstieg ins zweite Glied schmerzhaft. „Man muss ehrlich sein: Unsere Performance war zu schwach, daher ist der Gang in den MDax die logische Konsequenz“, räumte Firmenchef Guido Kerkhoff ein. Thyssenkrupp kämpft mit hohen Verlusten und Schulden. Die geplante Fusion mit Konkurrenten Tata Steel scheiterte im Mai am Widerstand der EUKommission. Jetzt will Kerkhoff mit einem radikalen Umbau den Wiederaufstieg in den DAX schaffen – was zuvor nur Infineon und Continental gelungen ist. Von weltweit 160.000 Arbeitsplätzen werden rund 6.000 gestrichen, der Großteil in Deutschland.
Dass die Aktie am Donnerstag dennoch gut vier Prozent an Wert zulegte, ist unüblich. Es liegt daran, dass Kerkhoff die einzig wirklich profitable Sparte, das Aufzugsgeschäft, versilbern will; über einen Börsengang oder, zuletzt wahrscheinlicher, via Komplettverkauf. Der finnische Rivale Kone und Finanzinvestoren wie CVC und KKR gelten als interessiert.
Bei MTU Aero knallen indes die Korken. Getrieben wird der jüngste Erfolg vom Airbus A320neo, zu dessen kerosinsparenden Triebwerken die Münchner große Teile beisteuern. Im Militärgeschäft baut MTU mit Safran den Antrieb für neue deutsch-französische Kampfjets. An der Börse ist das Unternehmen jetzt rund 13 Milliarden Euro wert, fast so viel wie die Deutsche Bank.
Börsenindex im Wandel Die DAX-Zusammensetzung spiegelt den Wandel der Wirtschaft wider: 1988 fanden sich dort Handelsgrößen wie Karstadt sowie Kaufhof, die längst ausgeschieden sind. Auch Finanzwerte sind verschwunden – etwa die Bayerische Hypound Wechselbank sowie Bayerische Vereinsbank, die 1998 zur HypoVereinsbank (HVB) fusionierten, welche 2005 wiederum von UniCredit (Italien) geschluckt wurde. Commerzbank, auch ein DAX-Mitbegründer, schied kürzlich aus – und musste just dem OnlineZahlungsdienstleister Wirecard Platz machen. Und auch Technologiegrößen von 1988 wie Mannesmann (2000 von Vodafone geschluckt) und Nixdorf Computer (1990 von Siemens gekauft) sind längst Börsengeschichte.