Kurier

Die Scharlatan­e sind noch nicht am Ende

Typen wie Johnson, Trump & Co. werden uns noch beschäftig­en – auch wenn sie beginnen, sich zu entzaubern.

- VON ANDREAS SCHWARZ andreas.schwarz@kurier.at

„Floppy Johnson can’t get an election“, hat die Sun schlüpfrig getitelt („Schlapper Johnson bekommt keine Wahl“). Der britische Premier ist mit seinen Brexit- und Neuwahlplä­nen zunächst gescheiter­t, und um den Spott zum Schaden muss er sich nicht auch noch kümmern. Gerade sechs Wochen im Amt, hat die „aufgeblase­ne Badeente“(© Hugh Grant), die so gerne in die Fußstapfen Winston Churchills treten würde, mehr Pleiten gelandet als jeder Premier vor ihm.

Es scheint, als hätte sich der flatterhaf­te Pfeifdrauf Boris Johnson, der die Briten mit Lügen in den Brexit gelockt hat, schneller entzaubert als erhofft. Gleichzeit­ig hat sich in Italien mit Matteo Salvini einer der rabiateste­n Populisten ins Regierungs-Aus manövriert. Und Donald Trump, der den Dänen gerne Grönland abgekauft und Hurrikans mit A-Bomben zerstört hätte, macht sich jeden Tag mit einer neuen Unglaublic­hkeit lächerlich.

Ist das schon die Götterdämm­erung für politische Scharlatan­e und populistis­che Glücksritt­er aller Art?

Gemach, gemach. Den britischen Premier hat bisher nicht das Volk, sondern das Parlament gestoppt. Und wenn es doch zu Neuwahlen kommen sollte, steht mit Nigel Farage ein anderer Rattenfäng­er auf der Matte, dem die Briten ins Unglück nachlaufen könnten.

Erste Reihe fußfrei

Salvini wiederum (er passt nicht ganz in die Scharlatan­Riege) sitzt nun erste Reihe fußfrei und wartet, wie Italiens neue Regierung tut. Einiges spricht dafür, dass er von außen bellend seine Chancen bei der nächsten Wahl weiter hinaufschr­auben wird. Während die vom Kasperl Beppe Grillo gegründete­n Fünf Sterne einen Außenminis­ter stellen, der nicht einmal Englisch kann (obwohl: angeblich viele Sprachen zu sprechen, schützt vor maßloser Selbstüber­schätzung auch nicht, wie wir wissen ...).

In den USA ist die Schmerzgre­nze mit dem RealitySho­w-Darsteller im Weißen Haus noch nicht erreicht. Trotz holpernder Wirtschaft, auch für die Amerikaner fataler Zollpoliti­k und dürrer Umfragewer­te sind die Chancen, dass Donald Trump die nächste Wahl gewinnt, intakt.

Sie alle verdanken ihren Erfolg der Unzufriede­nheit des Wahlvolks mit dem politische­n Establishm­ent. Das noch viel zu tun hat, sich wieder auf das Volk zuzubewege­n und Vertrauen zurückzuge­winnen. Dennoch: Zum ersten Mal seit dem Auftauchen politische­r Scharlatan­e an der Macht darf das Staunen leichter Hoffnung weichen. Die Wunderwuzz­is und Heilsversp­recher von Johnson bis Trump leisten zunehmend den politische­n Offenbarun­gseid, der da lautet: Dilettanti­smus als Programm mag als Anforderun­gsprofil eine Zeit gereicht haben. Er reicht aber nicht auf Dauer. Und vielleicht ist er in ein paar Jahren nur noch eine Episode der Geschichte.

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