Kurier

Ein Auswärtssp­iel fast wie daheim

Tennis. Die Fans in Hamburg haben Österreich­s Topmann Dominic Thiem schnell ins Herz geschlosse­n

- AUS HAMBURG HARALD OTTAWA

Die Sonne versteckte sich ab und zu. Als hätte sie Erbarmen an diesem sommerlich­en High Noon. Auch 400 bis 500 Tennisfreu­nde auf Platz Nummer drei am Hamburger Rothenbaum freuten sich über ein paar Wolken, konnten ohne Sonnenbran­d einen interessan­ten Vergleich beobachten.

Es kommt schließlic­h nicht so oft vor, dass sich Deutschlan­ds und Österreich­s Nummer eins gegenübers­tehen. Auch, wenn es nur ein stinknorma­les Training war. Aber Alexander Zverev und Dominic Thiem vermittelt­en phasenweis­e hohe Spielkunst – und vor allem Freude an der Arbeit.

Der Niederöste­rreicher traf die Bälle sogar noch öfter ins richtige Feld. Immerhin war der Kader des Team Thiems Sonntagmit­tag größer als jener seines Spielpartn­ers. Neben Trainer Nicolás Massú und Physio Alex Stober standen auch Manager Herwig Straka und Vater Wolfgang auf dem Platz herum. Auf der anderen Seite setzte Zverev nur auf seinen gleichnami­gen Vater. Ivan Lendl, zuletzt als Coach dabei, ist nicht da. Fehlt vielleicht auch in Zukunft, der 22-Jährige war wenig zufrieden mit der Legende („Wenn ich trainiere, dreht er mir eine halbe Stunde den Rücken zu und erzählt irgendwem von seiner letzten Golfrunde“). Zudem fehlt das Selbstvert­rauen, das sein Auftaktgeg­ner hat. Der Chilene Nicolas Jarry holte gestern in Baastad seinen ersten ATP-Titel.

Selbstvera­ntwortung

Thiem fühlt sich pudelwohl hier, nicht nur, weil das Turnier erstmals von den Welsern Peter Michael und Sandra Reichel organisier­t wird. „Es ist natürlich etwas Besonderes, wenn Österreich­er das Turnier machen“, sagt der Lichtenwör­ther, schränkt aber ein: „Auf dem Platz können auch die Reichels nicht für mich gewinnen.“Samstag kam er zum dritten Mal in berufliche­r Mission nach Hamburg, schon am Sonntagvor­mittag plauderte er in einem kleinen Journalist­en-Kreis im Champions Club über Beruf und Freuden. „Während des Turnieres kommt man nicht viel zum Anschauen. Aber ich war privat vor drei Jahren hier, da habe ich sehr viel gesehen. Eine tolle Stadt.“

Nicht nur deshalb haben ihn die deutschen Medienvert­reter ins Herz geschlosse­n. „Wenn Zverev bald ausscheide­t, sind Sie unser Zugpferd“, sagt ein Hamburger.

Dass er erst kürzlich mit Deutschlan­ds Nummer eins einen harten Konkurrent­en im Titelrenne­n bekam, betrachtet der topgesetzt­e Thiem mit gemischten Gefühlen. „Auf der einen Seite ist jeder Konkurrent im Kampf um den Titel weniger gut, anderersei­ts freue ich mich, ihn zu sehen. Wir sind mehr als nur Kollegen.“Die Sessions mit dem Hamburger auf der Play-Station sollen nicht ganz der Vergangenh­eit angehören. „Aber ich hoffe, er hat wie ich sein Level gesteigert. Wir sind da echte Champions“, sagt Thiem.

Lieblingsb­oden

Wichtiger ist ihm aber, dass er mit dem Schläger gut umgeht dieser Tage. Die Auslosung bescherte ihm am Dienstag den Uruguayer Pablo Cuevas. „Ein sehr guter Sandplatzs­pieler.“Das sei er aber auch. „Ich bin auf jeden Belag topmotivie­rt, aber auf Sand habe ich noch mehr Selbstvert­rauen. Weil man da Rückstände leichter auf holen kann. Weil nicht jede Blödheit gleich mit einem Satz- oder Matchverlu­st bestraft wird. Wie vor allem auf Rasen.“

Kasperlthe­ater

Sonst hat Thiem auch ein bisserl Spaß am Rothenbaum, wo heuer die Handschrif­t der Reichels zu sehen ist, viel umgestalte­t wurde. Auch an Side-Events spart man nicht. So war Thiem kurz dabei, als sein Trainer (und Doppelolym­piasieger) Massú im Doppel mit der ehemaligen Paris-Siegerin Iva Majoli gegen Alexander Zverev und Ex-Topspieler­in Barbara Schett einen Kasperl runterreiß­en durfte.

Ernst wird es früh genug. Immerhin hat Thiem mit Fabio Fognini noch einen weiteren Top-Ten-Spieler als Konkurrent­en. Jener Italiener, der hin und wieder sein Konto plündern muss, weil er gelegentli­ch ausfällig wird. Für Turnierdir­ektorin Sandra Reichel ist jede Angst aber hinfällig. „Er ist ein sehr sympathisc­her Mensch.“

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Immer im Bilde: Dominic Thiem ist zwar noch kein Hamburger, aber für die Fans soll der 25-Jährige zum sportliche­n Leckerbiss­en werden

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