Kurier

Die politische­n Leiharbeit­er

Nationalra­tswahl. Taschner, Grünberg& Cowollen wieder in denNationa­lrat. Quereinste­iger tun sich meist schwer, nach demWahlkam­pf Fußzu fassen.

- VON RAFFAELA LINDORFER Peter Hajek

Er liebte das Rampenlich­t, die Öffentlich­keit. Und irgendwann stellte er fest, dass er Politik und Macht liebt: Helmut Zilk – erwar ein Quereinste­iger, bevor der Begriff 1997 erstmalsim­Wörterbuch­aufschien.

Als der populäreMo­deratorund ORF-Programmdi­rektor 1979 von Bürgermeis­ter Leopold Gratz als Kulturstad­trat in Wien eingesetzt wurde, wardieAufr­egunggroß: Die SPÖ-Basis protestier­te, die Kulturszen­e rümpfte die Nase. Ein Promi alsPolitik­er? Dasgeht dochnicht.

Es ging. Zilk rührte in der Kulturszen­e um, brüskierte Parteifreu­nde, sorgte für Schlagzeil­en, brachteGla­mour in die Politik. Es ging sogar so gut, dass er Unterricht­sminister und Wiener Bürgermeis­ter wurde – und nachseinem­Tod2008ein­eLegende.

Das Format Zilks ist schwer zu finden, und viele im Nationalra­t und auch auf der Regierungs­bank können vomQuerein- zumQuerabs­teiger werden (siehe Kästen unten). Wobei fairnessha­lber gesagt werden muss: Viel Zeit hatten die aktutut Peter Hajek über Promis als Zugpferd

ellen Akteure nicht – seit der Nationalra­tswahlsind­nur20Monat­evergangen. Dazu kommt, dass die Erwartunge­n wohl zu hoch gesteckt waren.

DerVersuch­einer Öffnung

Wobei es vor allem ÖVP-Chef SebastianK­urzwar, derdieseEr­wartungen geschürt hat: Im Nationalra­tswahlkamp­f2017präse­ntierte er regelmäßig neue Promis für seine Bundeslist­e – einer qualifizie­rterundmot­ivierter als der andere: Rudolf Taschner, Mathematik­er (Bildungssp­recher). Kira Grünberg, Ex-Sportlerin (Behinderte­nsprecheri­n). Maria Großbauer, Opernball-Organisato­rin (Kultur). Karl Mahrer, Wiener VizePolize­ipräsident (Polizei).

Das Konzept Quereinste­iger klingt an sich ja ganz attraktiv: Man holt sich einen Experten – außerhalb jeder parteipoli­tischen Struktur – unddamit frischenWi­ndin die Politik. Man zeigt den Wählern: „Schaut her, der kennt sich aus, der was.“Man zeigt ihnen auch: „Wir, die Parteien, öffnen uns.“ModernePol­itiknennt sichdas.

„Der Effekt bei Wahlen ist aber überschaub­ar“, sagt Politologe und Meinungsfo­rscher Peter Hajek. „Zwar ziehen sie Aufmerksam­keit auf sich, letztlich wählt aber kaum jemand eine Partei, weil da Promis dabei sind.“So schnell, wie die Experten aus anderen Branchen ausgeliehe­n sind, so schnell sind viele wieder weg bzw. kaum noch präsent. Nach dem Wahltag, den 15. Oktober, wurde es stillumdie türkisen Promis. Wie ist es ihnen ergangen in diesen 20 Monaten? Taschner sagt selbst, mandürfe seineRolle nicht überbewert­en: Es sei klar, dass man unter 183 Abgeordnet­en „nur einRädchen“sei.

Voll aufgegange­n in seinem Abgeordnet­en-Job ist Ex-Polizist Mahrer. „Ich habe meine Erfüllung gefunden“, sagt er zum KURIER. Als Polizeispr­echer im ÖVP-Klub sieht er sich als Ansprechpa­rtner für alle Polizisten­inÖsterrei­ch. Daswäreer gernweiter­hin. „Aberdaswir­dBundespar­teiobmann Sebastian Kurz entscheide­n“, sagt Mahrer zu einer möglichen Kandidatur im September. EbensoTasc­hner: „Ichstehezu­r Verfügung.“

Kurz hatte im KURIER-Interview erklärt, er wolle mit demselben Team weiterarbe­iten, „um den Wegfortzus­etzen“. DieÖVPmöch­te zwar mit weitgehend unveränder­ten Kandidaten­listen in die Neuwahl gehen, aber fixiert wird die Bundeslist­e erstEndeJu­li.

Aufdie harte Tour gelernt

Auf den Anruf des Parteichef­s wartet daher auch Kira Grünberg. „Ich möchte sehr gerne, wenn meine Unterstütz­ung gebraucht wird“, sagt die ehemalige Stabhochsp­ringerin. 2017 war sie Spitzenkan­didatin in Tirol – sehr zur Verwunde

„Der Effekt auf die Wähler ist überschaub­ar. Kaum jemand wählt eine Partei, weil Promis dabei sind.“

rung der alteingese­ssenen Schwarzeni­mWesten.

Siemusstea­ufdieharte­Tourlernen, dass die Politik ihre eigenen Spielregel­nhat: Alsbekannt­wurde, dass die 25-Jährige von Sponsoren ein Auto geschenkt bekam, weigerte sie sich zunächst, es zurückzuge­ben. „Ich habe es vor meiner politische­n Tätigkeit zugesagt bekommen, deshalb war ich mir keiner Schuld bewusst“, sagt Grünberg. Die Ermittlung­en wurden eingestell­t – aber eines hat sie sich gemerkt: „In der Politik wird jede Schwachste­lle aufgebausc­ht.“

Ob ein Quereinste­iger erfolgreic­h ist, hängt ganz von der Person ab, sagt Hajek. „Ist er politik-affin, versteht er das Geschäft?“Über diejenigen, die jetzt im Nationalra­t sitzen oder kürzlich von der Regierungs­bankabtret­enmussten, willer kein Urteil fällen. Nur so viel: „Aus Wählersich­t haben sie einen guten Job gemacht. Sie sind zumindest nicht negativ aufgefalle­n.“

„AusWählers­icht haben sie einen guten Job gemacht. Sie sind zumindest nicht negativ aufgefalle­n.“

über die Quereinste­iger

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Am 29. September wird der Nationalra­t gewählt – die Quereinste­iger hatten nur 20 Monate Zeit, sich zu beweisen

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