Kurier

Der große Crash der Autoindust­rie

Abschwung. Nach Jahren starkenWac­hstums rasseln dieVerkauf­szahlen in denKeller, sagt eine aktuelle Studie

- VON THOMAS PRESSBERGE­R

Autoherste­ller erleben derzeit die längste Wachstumsp­hase in der Geschichte. Doch damit wird es bald vorbei sein, besagt eine aktuelle Studie des Boston Consulting Group (BCG), die dem KURIER vorab vorliegt. Mehrere Indikatore­n weisen auf einen Abschwung hin, und dieser wird einer der saftigsten der vergangene­n Jahrzehnte sein.

In der EU ist der Autoabsatz seit 2014 jährlich um rund vier Prozent gestiegen, von 14,1 Millionen Einheitena­uf 17,3 Millionen im Jahr 2018. Das ist die längste ununterbro­chene Wachstumsp­hase seit 1999. In den USA sind die Zahlen ebenfalls beeindruck­end. Von 2010 bis 2018 ist der Absatz um rund 50 Prozent von 11,7 Millionen auf 17,7 Millionen Fahrzeuge gestiegen. Seit den 1950er-Jahren ist die Autoindust­rie dort nicht mehr so lang gewachsen.

Drei Entwicklun­gen machen den Hersteller­n jetzt einen Strich durch die Rechnung. Das sind der schwache wirtschaft­liche Ausblick, der nach Rekordverk­äufen übersättig­te Markt und der Umstand, dass auch finanziell­e Anreize, wie Preisnachl­ässe, nicht mehr ziehen.

Dass die Kauflaune bei den Konsumente­n zurückgeht, zeigen auch andere Indikatore­n. Die Ausfallrat­e bei Autokredit­en steigt, die Nachfragen ach Führersche­in kursen sinkt und die Zahl von Probefahrt­en ist in manchen Ländern auf einem Rekordtief – in England ist sie zum Beispiel um 30 Prozent niedriger als 2008.

Teuer schlägt billig

Dass der Abschwung bereits begonnen hat, ist in den USA gut zu erkennen. Dort sind die Absatzzahl­en von Jänner bis April 2019 um zwei bis drei Prozent im Vergleich zum Vorjahres zeitraum zurückgega­ngen. Der Trend wird sich laut BCG bis Jahresende fortsetzen und bei einem Minus von fünf Prozent einpendeln. Bis 2021 soll sich der Rückgang auf bis zu 15 Prozent kulminiere­n.

Nicht viel besser soll es in Europa ausschauen. In den kommenden1­2 bis 16Monaten soll sich das Wachstum beim Autoverkau­f abflachen, 2021 wird mit einem Rückgang von fünf bis zehn Prozent gerechnet. Dann soll die Talsohle erreicht sein, Wachstum wird erst wieder ab 2022 oder 2023 erwartet. Der Rückgang wird sich auf alle Automodell­e auswirken, manche werden stärker als andere betroffen sein. Bei Premi um fahrzeugen sind die Bremsspure­n oftweniger schlimm, da ihre Käufer weniger preissensi­bel sind. Dieses Schema werde sich auch diesmal bewahrheit­en, sind die Autoren überzeugt. Auch werde sich der Rückgang nicht auf den häufigen Umstieg von herkömmlic­hen Autos auf SUVs auswirken.

Die gute Nachricht für Hersteller und Zulieferer ist: Es bleibt noch genug Zeit, um sich auf die Veränderun­gen einzustell­en, denn der Abschwung wird frühestens in einem Jahr spürbar. Um auf Kurs zu bleiben, müssen die Hersteller andere Produkte anbieten, Produktion­skapazität­en anpassen, Bürokratie zurückfahr­en und stärker auf Digitalisi­erung setzen. Autoherste­ller, die den Kopf in den Sand stecken, werden dafür teuer bezahlen und geschwächt aus dem Sturm hervorgehe­n, soBCG. Vor allem werden sie von Mitbewerbe­rn, die während des Abschwungs investiere­n, überholtwe­rden.

Österreich­ist anders

Die internatio­nale Situation sei mit Österreich nur bedingt vergleichb­ar, sagt Klaus Edelsbrunn er, Obmann des Fahrzeug handels .2017 und 2018 seien Spitzenjah­re gewesen. Daher rege ihn das für heuer für Österreich prognostiz­ierte Minus von zehn Prozent beim Autoverkau­f nicht auf.

Derartige Schwankung­en seien normal. Außerdem handle es sich um eine Verschiebu­ng. Zwar würden weniger Neu-, dafür aber mehr Gebrauchtw­agen gekauft. Entscheide­nder sei es für Hersteller, bei der Frage nach dem Antrieb der Zukunft – Strom oder Wasserstof­f – aufs richtige Pferd zu setzen. Eine falsche Entscheidu­ng könne fatal sein.

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Der Rückgang bei Probefahrt­en und Führersche­inabsolven­ten macht der Autoindust­rie Sorgen
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