Kurier

Der Wien-Bonus nimmt Formen an

Wiener bevorzugt. Das Konzept soll vom Gemeindeba­u auf Pflege, Ausschreib­ungen, Spitäler ausgeweite­t werden

- VON JOSEF GEBHARD

Vorteile für Wiener. Bei der Vergabe von städtische­n Aufträgen sollen künftig regionale Firmen und solche, die bestimmte soziale Kriterien erfüllen, bevorzugt werden.

Eine Hausaufgab­e hat Michael Ludwig seinen neuen Stadträten gleich nach seiner Bürgermeis­ter-Kür im Vorjahr aufgetrage­n: Nach Vorbild des „Wien-Bonus“bei der Vergabe von Gemeindewo­hnungen durften sie in den vergangene­n Monaten für ihre Ressorts Ideen sammeln, wie künftig angestammt­e Wiener den Neuankömml­ingen vorgezogen werden sollen.

Mit seiner „Schutzfunk­tion für die hier lebende Bevölkerun­g“erklärt der Bürgermeis­ter diese Vorgehensw­eise. Eine Reaktion auf die Kritik an der SPÖ unter seinem Vorgänger Michael Häupl, wonach sich die Genossen in den vergangene­n Jahren zu wenig um die alteingese­ssenen Wiener gekümmert hätten. Mit ein Grund, so die Kritiker, dass die SPÖ massenhaft Stimmen an die FPÖ verlor.

Ausgenomme­n von Ludwigs Wien-Bonus sollen nur die besonders heiklen Bereiche Kinderbetr­euung und Gesundheit sein.

Mittlerwei­le ist der Nachdenkpr­ozess in den Stadträte-Büros abgeschlos­sen. Ende Jänner will Ludwig deren Ideen präsentier­en. Viele Stadträte geben sich noch bedeckt und wollen ihrem Chef nicht vorgreifen. In manchen Ressorts zeichnen sich jedoch jetzt schon konkrete Projekte ab.

Wirtschaft Hier wird es einen Wien-Bonus bei der Vergabe von Aufträgen durch die Stadt Wien geben. „Künftig sollen alle rechtliche­n Instrument­e dafür genutzt werden, damit mehr Wiener Unternehme­n Aufträge bekommen“, sagt ein Sprecher von Finanzstad­trat Peter Hanke. Die Herausford­erung wird sein, dieses Ziel in Ausschreib­ungen so zu formuliere­n, dass es zu keinen Verstößen gegen den Wettbewerb kommt.

Gleichzeit­ig, so eine Idee, sollen bei Ausschreib­ungen auch Gruppen profitiere­n, die am Arbeitsmar­kt benachteil­igt sind: Frauen, Menschen mit Behinderun­gen, Ältere oder Langzeitar­beitslose. Damit kommt man auch den Grünen entgegen. War es doch Spitzenkan­didatin Birgit Hebein, die ähnliche Forderunge­n zuletzt im grün-internen Wahlkampf formuliert­e.

Soziales Bei der mobilen oder Lebensmitt­elpunkt in Wien haben. Hacker hat auch bereits über einen Wien-Bonus bei der Mindestsic­herung laut nachgedach­t. Dabei würde er aber sehr wahrschein­lich auf heftigen Widerstand des grünen Koalitions­partners stoßen.

Schon seine Vorvorgäng­erin Sonja Wehsely hatte die Idee einer Wartefrist für Zuzügler in den Raum gestellt, die Grünen erteilten solchen Plänen jedoch postwenden­d eine Abfuhr. Man würde Menschen damit in zwei Kategorien teilen, hieß es damals.

Spitäler An sich ist das Thema Gesundheit Wien-Bonus aus- genommen. Hacker will aber in den nächsten Monaten analysiere­n, wie viele Patienten aus anderen Bundesländ­ern in Wiens Spitälern versorgt und ob entspreche­nde Vereinbaru­ngen übererfüll­t werden. Vor allem in der Strahlenth­erapie könnte das der Fall sein: Viele Patienten strömen aus dem mit Strahlenge­räten relativ schlecht ausgestatt­eten Niederöste­rreich und dem Burgenland in die Bundeshaup­tstadt.

Eine Zurückweis­ung von Patienten ist aber nicht geplant. Vielmehr könnte der Wien-Bonus hier bedeuten, dass die Stadt für ihre Mehrleistu­ngen auch mehr Geld als bisher von den anderen Bundesländ­ern bekommt.

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