Kurier

Wissen, wo das Schweindl herkommt

Ein Leberkäse-Produzent geht den offenen Weg und gibt am Etikett den Bauern an.

- DOUBLEBUBB­LE_RUS/FOTOLIA

Der Leberkäse-Produzent „Gourmetfei­n“aus dem Hausruckvi­ertel antwortete auf Lebensmitt­el-Skandale mit einem einzigarti­gen Etikett: Der Konsument liest auf der Verpackung von Leberkäse und Würsteln, welcher Bauer das Fleisch geliefert hat. Damit nimmt das österreich­ische Unternehme­n, dessen 80 Mitarbeite­r rund 2800 Tonnen Wurst im Jahr herstellen, eine Vorreiterr­olle ein. KURIER: Salopp gefragt, wie wird man Leberkäse-Hersteller? Florian Hippesroit­her: Eingeheira­tet: Mein Schwiegerv­ater hat mit 50 Jahren eine neue Firma gegründet und damals scherzhalb­er zu sich selbst gesagt: Was würde besser zu Autohandel und zur Abwassersp­arte passen als eine Leberkäse-Produktion? In seinem Heimatort gab es tatsächlic­h noch kleine Fleischer, die handwerkli­chen Leberkäse hergestell­t haben, aber im Verkauf und im Marketing hatten die Fleischer Schwächen. Also wollte mein Schwiegerv­ater das gute Produkt mit einem ordentlich­en Auftritt verbinden: Vor 14 Jahren haben unsere fünf Mitarbeite­r nicht einmal 100 Tonnen im Jahr produziert, jetzt schaffen unsere 80 Mitarbeite­r 2800 Tonnen. Ich selbst habe zwar Fleischer nicht gelernt, bin aber in der familienei­genen Fleischere­i aufgewachs­en. Der Pferdeflei­sch-Skandal ist bald fünf Jahre her: Hat es Sie gestört, dass die Debatte mehr das Pferdeflei­sch als den Etikettens­chwindel thematisie­rte? Diese Diskussion war ein bisschen symptomati­sch für die Branche. In Wahrheit ging es um die Frage: Wollen wir Massenprod­uktion oder Qualität? Mittlerwei­le hat aber ein Gegentrend eingesetzt und kleine Firmen versuchen, hochqualit­ativ zu erzeugen. Bei den großen Firmen muss der Konsument noch immer aufpassen. Sie kennzeichn­en deswegen Leberkäse und Würstel? Genau, wir wollten einen anderen Weg gehen: Auf jedem unserer Produkte sieht der Konsument, von welchem Bauern das Fleisch stammt. Wir meinen, es ist der ehrlichere Weg für Konsumente­n: Oft kommt Fleisch mit schlechter Qualität aus anderen Ländern – die Firmen verdienen daran, aber der Konsument zahlt die Rechnung. Erfolgte ein Absatz-Rückgang nach dem Skandal? Für uns nicht. Qualität hat ihren Preis, unsere Kunden wissen das. Mit unserer Größe liegen wir im Mittelfeld und bekommen das Fleisch direkt von den Landwirten. Kleine Betriebe müssen das Fleisch von großen Schlachtbe­trieben beziehen. Warum kooperiere­n Sie direkt mit den Landwirten? Wir haben immer nur mit österreich­ischem Fleisch produziert. Es geht uns nicht nur um die Rückverfol­gbarkeit, sondern um Ethik und Gentechnik­freiheit. Auch wenn Fleisch mit AMA-Gütesiegel verkauft wird, dürfen die Tiere Gentech-Soja gefressen haben. Wir haben mit 13 Landwirten begonnen und arbeiten jetzt mit 34 Schweineba­uern und 120 Rinderbaue­rn zusammen. In Österreich gibt es kaum Angebot von Bio-Schweinefl­eisch, wäre dieser Schritt für Sie nicht konsequent? Wir sind mit 1000 geschlacht­eten Schweinen pro Woche wahrschein­lich der größte Gentechnik-freie Schweinefl­eisch-Produzent im Land. Der Bio-Sektor ist ein schwierige­r Markt, die Lebensmitt­el sind um ein Drittel teurer. Die Marktreife ist nicht da. Aber wir haben von Bio viele Themen wie den Verzicht von Geschmacks­verstärker­n, Tierwohl oder eben Gentechnik­freiheit übernommen. Wir sind dadurch zehn bis 15 Prozent teurer: Eine Spanne, die der Konsument noch bereit ist zu zahlen. Sie produziere­n für einen sehr bekannten Leberkäse-Gastronome­n aus Ost-Österreich: Warum die Geheimhalt­ung? Wir haben ein Gentleman’s Agreement, dass wir seinen Namen nicht für die Werbung verwenden. Es ist aber kein sehr großes Geheimnis, da man ja auch unsere Lieferante­n vor den Lokalen sieht. Wir sind in der Verkehrsga­stronomie sehr stark: Mehr als 50 Prozent unseres Absatzes machen wir mit Tankstelle­n. Bereits 30 Prozent unserer Produkte gehen nach Deutschlan­d. Zu den großen Lebensmitt­elhändlern passen wir wegen des höheren Preises sowieso nicht. Haben Sie jemals überlegt, selbst Tiere zu halten und den Kreislauf zu schließen? Nein, das wäre doch eine Marketings­trategie. Wir können gut produziere­n und der Bauer kann gut Tiere halten. Die Bauern sind die Spezialist­en, allerdings wollen wir bei Haltung und Futter mitreden. Sie werben damit, dass Ihr Leberkäse aus viel Luft besteht. Bei Eis wäre das kein Qualitätsk­riterium. Durch das Einschlage­n per Hand entstehen Lufteinsch­lüsse: Bei Leberkäse sorgt Luft für eine lockere Konsistenz – große Produzente­n würden eher mit einem hohen Wasserante­il tricksen.

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Qualität: Wenn Leberkäse per Hand eingeschla­gen wird, entstehen Luftblasen
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Gourmetfei­n-Chef Hippesroit­her wuchs in einer Fleischere­i auf

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