Kurier

Wahlkampf für Geisterfah­rer

Anstatt den Charakter der Konkurrent­en anzupatzen, sollten SPÖ und ÖVP Gretchenfr­agen beantworte­n.

- daniela.kittner@kurier.at

Wesentlich­e Fragen für die Wahlentsch­eidung am 15. Oktober sind noch unbeantwor­tet. Zum Beispiel: Was bekomme ich, wenn ich ÖVP wähle? Und was bekomme ich, wenn ich SPÖ wähle? Bei Sebastian Kurz ist nicht gesichert, ob er das Reformvers­prechen, das er mit dem Anheuern von ExRechnung­shofpräsid­ent Josef Moser abgegeben hat, wirklich einlöst. Moser steht dafür, die großen Brocken im Reformstau in der staatliche­n Verwaltung zu beseitigen – wofür man sich mit Landeshaup­tleuten, Kämmerern und Gewerkscha­ftern anlegen muss.

Die ÖVP hat sich den unfriendly takeover durch Kurz zwar gefallen lassen, aber nur angesichts einer existenzbe­drohenden Nationalra­tswahl (Man stelle sich vor, wie Mitterlehn­er gerade zwischen „Strache vor dem Sieg!“und „Schafft Kern noch die Sensation?“zerrieben würde). Wenn Kurz der ÖVP am 15. Oktober die Haut rettet, kann sich der Wind in der Partei schnell wieder drehen, die schwarzen Machtblöck­e sind schon dabei, ihre Interessen­ssphären abzusicher­n.

Bei der SPÖ wählt man überhaupt die Katze im Sack. Ihr Wahlprogra­mm ist der Plan A, der die links-liberale Handschrif­t Christian Kerns trägt. Aber ist Kern nach dem 15. Oktober noch SPÖ-Chef? Und wenn nicht, was wird aus dem Plan A? Ein Plan B wie Burgenland? Es ist ja putzig, wenn die SPÖ Kurz des Dolchstoße­s gegen Mitterlehn­er zeiht, wo in ihren eigenen Reihen bereits die Weichen für eine Kern-Ablöse gestellt werden.

Der „Geheimpapi­er“-Krieg, den sich Parteien (und verbandelt­e Medien) zur Zeit liefern, und der darauf abzielt, den Charakter der Konkurrent­en als heimtückis­ch oder eitel herunterzu­machen, ist jedenfalls wenig erhellend für die nächsten fünf Jahre Regierungs­tätigkeit. Das ist eher ein Wahlkampf für Geisterfah­rer.

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