Börsen mit Nachholbedarf als Hoffnungsträger
Auch schwindet die Hoffnung auf eine baldige nochmalige Ankurbelung der USKonjunktur durch Steuersenkungen und Infrastrukturinvestitionen angesichts der
weiteren Isolierung von Präsident Trump. Aktuell rückt auch der Zeitpunkt, zu dem die Schuldenobergrenze angehoben werden muss, heran. Wen wundert es, dass in diesem Umfeld der USDollar deutlich abwertet.
Genau diese DollarSchwäche oder eben umgekehrt Stärke des Euro macht den europäischen Börsen derzeit zu schaffen. Viele börsennotierte Unternehmen – allen voran DAX-Werte – erzielen einen beachtlichen Teil ihres Umsatzes und Ge- winns außerhalb der Eurozone. Wie gut, dass der laufende Konjunkturaufschwung der Eurozone vor allem von der Inlandsnachfrage getragen wird. Privater Konsum und Investitionen entwickeln sich dynamisch. Der Export ist das Sahnehäubchen für einzelne Länder. Es erscheint daher ungerechtfertigt, dass die Börsen der Eurozone stärker korrigiert haben als ihre amerikanischen Pendants.
Mehr Raum
Tatsächlich spricht sogar einiges dafür, dass Europas Börsen Nachholbedarf haben: Die Länder der Eurozone hatten nicht nur die Finanzkrise, sondern auch die Euro-Staatsschuldenkrise zu bewältigen. Der Aufschwung startete daher deutlich später und hat noch mehr Raum als jener der USA. Die Unternehmensgewinne beginnen jetzt auch erst richtig zu steigen und liegen zum Teil noch deutlich unter ihren Vorkrisen-Niveaus. Die Lohnkosten sind aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit niedrig und werden nur langsam zu steigen beginnen. Die Geldpolitik der Eurozone ist noch extrem expansiv und wird, allein um den Euro nicht noch weiter in die Höhe schießen zu lassen, sehr vorsichtig und langsam normalisiert werden.
Wichtig im Vergleich zu den US-Aktienmärkten ist auch die Bewertung. Sie ist für eine Vielzahl von Indikato- ren bei breiten europäischen Indizes attraktiver als bei vergleichbaren US-Indizes.
Und dann wären da noch die Emerging Markets. Sie sind, was die Bewertung zu ihrer eigenen Vergangenheit und den Vergleich zu den Major Markets betrifft, noch günstiger. Anders als die Euro-Börsen profitieren sie von der Abschwächung des Dollar. Ein schwächerer Dollar wirkt tendenziell positiv auf Rohstoffpreise, er erleichtert die Finanzierung von Fremdwährungsschulden und lässt vermehrt Kapital in Emerging Markets strömen.
Für Investitionen in Emerging Markets spricht auch der Wachstumsvorsprung, der nun nach einer Abschwächung aufgrund vielfältiger lokaler Probleme wieder zunimmt. So geht der Internationale Währungsfonds von realen BIP-Wachstumsraten von 4,6 Prozent für heuer und 4,8 Prozent für 2018 (nach 4,3 Prozent für 2016) für die Emerging Markets aus. Ein Hauptrisiko für diese – aber wahrscheinlich für alle – Börsen würde eine starke wirtschaftliche Abschwächung in China darstellen, von der wir allerdings auf Sicht des nächsten Jahres nicht ausgehen.