Reisen in Krisengebiete zur Lagebewertung
Staatendokumentation. Wissenschaftliche Dossiers als Grundlage für Asylentscheidungen
Beim Interview im Asylverfahren muss der Asylwerber seine Fluchtgründe laut Gesetz „glaubhaft machen“. Das heißt, er muss „schlüssig und logisch darlegen“, warum ihm Asyl gewährt werden soll. Bestehen Zweifel an den Angaben des Asylwerbers, kann der Asylentscheider in Info-Blättern zu den einzelnen Staaten nachschlagen.
Diese Länder-Informationsblätter sind von der Abteilung Staatendokumentation im Bundesasylamt erstellte Zusammenfassungen aus wissenschaftlichen Dossiers. Etwa 80 solcher Infoblätter gibt es mittlerweile. „Die Top-Länder Afghanistan, Syrien, Irak, Somalia, Iran, Nigeria, die Russische Föderation, Pakistan, Georgien und Armenien werden besonders umfassend behandelt“, sagt Abteilungsleiter Thomas Schrott.
In den Länder-Informationsblättern wird alles für das Asylverfahren Wichtige erörtert: Die Sicherheitslage im Land, die Situation religiöser und ethnischer Minderheiten, Arbeits- und Wohnungsmarkt, medizinische Versorgung, um nur einige Beispiele zu nennen
Sie dienen den Behörden im Instanzenzug (vor allem den Richtern des Bundesverwaltungsgerichtshofs und den Asylentscheidern) als Informationsgrundlagen und werden laufend aktualisiert – jene von Afghanistan sogar täglich.
Die Abteilung Staatendokumentation im Bundesasylamt existiert seit 2006 und besteht aus 24 Mitarbeitern, vornehmlich Geistes- und Sozialwissenschafter (darunter Politikwissenschafter, Sozial-Anthropologen, Arabisten, Historiker).
Auf Mission
Eine der Hauptquellen für die Länder-Informationsblätter ist etwa die ECOI-Datenbank
des Internationalen Roten Kreuzes. Infos kommen aber auch von Botschaften, von Verbindungsbeamten des Innenministeriums in den jeweiligen Ländern.
Zusätzlich unternimmt die Staatendokumentation pro Jahr etwa drei sogenannte „Fact Finding Missions“, in jene Länder, über die Dossiers erstellt werden (heuer waren das Somalia, Kenia und Äthiopien sowie Jordanien und Libyen; eine dritte ist bereits in Planung). Internationale Experten-Netzwerke stehen für den Wissensaustausch zur Verfügung.
Jede Behörde im Instanzenzug des Asylverfahrens, jede Gebietskörperschaft und jeder Asylentscheider kann Fragen zu Einzelfällen an die Abteilung Staatendokumentation stellen. Darin geht es oft um Glaubwürdigkeit – etwa ob es realistisch ist, dass ein Asylwerber aus einer bestimmten Region tatsächlich von einer bestimmen Miliz verfolgt wurde.