Zur täglichen Einnahme empfohlen
Milch ist noch zeitgemäß! Ernährungswissenschafter preisen vor allem den Kalziumgehalt
Milch und Getreide – zwei der ältesten Lebensmittel, die der Mensch verarbeitet hat. Gerade sie geraten immer mehr in Verruf. Plötzlich werden ihnen gesundheitsschädliche Eigenschaften nachgesagt. Unberechtigt. Werden sie im Zuge einer ausgewogenen und abwechslungsreichen Ernährung konsumiert, sind Milch und Getreide wertvolle Nahrungsmittel. Zudem greifen immer mehr Menschen, die durch den Verzehr von Milchprodukten etwa an Magen-Darm-Pro- blemen oder Kopfschmerzen leiden, zu laktosefreien Varianten. Das Thema „Milch“ist also wirklich in aller Munde. Zum Start der wöchentlichen Serie „Jahr der Milch“klärt Jürgen König, Leiter des Departments für Ernährungswissenschaften an der Uni Wien, über den Stellenwert von Milchprodukten und ihren laktosefreien Alternativen auf. Warum wird Milch Ihrer Meinung nach plötzlich so schlecht bewertet? Jürgen König: Ich verstehe es auch nicht ganz. Plötzlich taucht das Gerücht auf, dass Milch zu Verschleimungen oder zu einer erhöhten Gefahr von Knochenbrüchen beiträgt. Nun heißt es: Milch ist für Menschen nicht empfehlenswert. Eine Teilschuld tragen die Medien. Vor einiger Zeit wurde eine Studie veröffentlicht, die die statistische Beziehung zwischen hohem Milchkonsum und Erkrankungen darstellen wollte. Es war eine epidemiologische Studie; es wurden also keine zusätzlichen Faktoren des Essverhaltens berücksichtigt. Die Autoren schrieben selber, dass man aus ihr nichts ableiten kann. In vielen Medien wurden die Ergebnisse falsch bzw. verkürzt transportiert. Der Eindruck, dass Milch schädlich sei, kratzte am Image des hochwertigen Lebensmittels. Was erwidern Sie Menschen, die Milch negativ bewerten?
Ganz einfach: Es handelt sich um ein hochwertiges Lebensmittel. Vielfach wird argumentiert, dass Milch nicht unter artgerechten Bedingungen produziert wird. In Österreich ist das nicht ganz so ein großes Problem, aber in anderen Ländern durchaus. Da kann ich nur sagen: Wenn wir an den Produktionsbedingungen etwas ändern wollen, müssen wir auch bereit sein, für Lebensmittel höhere Preise zu zahlen. Auch dem Argument, dass Milch kein für den Menschen vorgesehenes Lebensmittel ist, kann ich nicht viel abgewinnen. Denn das ist der Apfel auch nicht. Die Frucht ist für die Reproduktion da, nicht für den Verzehr. Das einzige Lebensmittel, das für die Ernährung des Menschen von Natur aus vorgesehen ist, ist Muttermilch. Sie empfehlen also Milch als Bestandteil der Ernährung?
Ja, Milch enthält viele Nährstoffe, Vitamine und ist eine hochwertige Eiweißquelle. Vor allem die Versorgung von Kalzium ist über Milch sehr leicht herstellbar. Wenn ich Milch sage, dann meine ich allerdings immer die ganze Palette – also alle Milch- und Käseprodukte. Wie sieht die Empfehlung denn im Detail aus?
Man sollte drei Mal am Tag eine Portion Milch zu sich nehmen. Unter einer Portion verstehen wir etwa 200 Milliliter Milch, 200 Gramm Topfen, 60 Gramm Käse oder 180 bis 250 Gramm Käse. Damit ist der Tagesbedarf an Kalzium und am Vitamin B12 gedeckt. Wie sieht es mit der Laktoseintoleranz aus?
Es gibt keine fundierten Daten. Vermutlich leiden 20 Prozent der Bevölkerung unter Laktoseintoleranz. Das heißt nicht, dass Betroffene keine Milchprodukte essen können. Erfahrungen zeigen, dass sie ein Glas Milch am Tag durchaus vertragen. Das ist wirklich sehr individuell. Vor allem aber: Nicht alle Milchprodukte enthalten Laktose. Käse ist da ein gutes Beispiel, denn bei seiner Herstellung bauen die Bakterien die Laktose nahezu gänzlich ab. Auch laktoseintolerante Personen müssen also nicht auf dieses hochwertige Lebensmittel verzichten.
„Milch gehört zu unserer Ernährungskultur.“Jürgen König Department für Ernährungswissenschaften, Uni Wien
Ist Milch also zeitgemäß?
Milch gehört zu unserer Ernährungskultur. Wie alle Lebensmittel sollten wir sie mit Genuss und nicht über alle Maßen zu uns nehmen.