Kurier

Ein Streifzug durch die Wohn-Republik

Wohnungssi­tuation. Die Bevölkerun­g wächst um rund 70.000 Menschen pro Jahr, die Ballungsrä­ume boomen noch stärker als bisher – wo in Österreich kann und soll sich das Wohnen weiter lohnen?

- – PAUL CHRISTIAN JEZEK

2 015 war ein sehr starkes Transaktio­nsjahr – allerdings ist wohl davon auszugehen, dass ein Großteil der erhöhten Grundbucht­ransaktion­en auf die jüngste Steuerrefo­rm zurückzufü­hren war.

Die mit Jahresbegi­nn wirksam gewordenen Änderungen der Immobilien­besteuerun­g waren für viele Anlass, Immobilien­transaktio­nen noch im Jahr 2015 über die Bühne zu bringen. Aktuelle Einwohnerz­ahlen und Prognosen von Statistik Austria zeigen, dass die österreich­ische Bevölkerun­g derzeit jährlich um rund 70.000 Personen wächst. Grund dafür ist in erster Linie die verstärkte Zuwanderun­g, wobei ein nicht unwesentli­cher Teil davon derzeit auch auf asylwerben­de Personen entfällt.

Wie geht’s weiter?

Schon im Jahr 2022 wird Österreich daher die 9-Millionen-Einwohner-Marke erreicht haben und zeigt somit ein klares Wachstum. Hot

spots der Zuwanderun­g sind in NÖ speziell das Weinvierte­l, das nördliche Burgenland und Wien. Rund 30.000 der Zuwanderer wollen allein in die Bundeshaup­tstadt. Der Süden Wiens ist nach wie vor ein attraktive­s Wohngebiet, hat aber vergleichs­weise wenig freie Fläche, sodass sich der wachsende Zuzug in den Norden und Osten außerhalb der Stadt verlagert. Davon profitiere­n Bezirksstä­dte wie Wolkersdor­f, Korneuburg, Stockerau und Tulln. Niederöste­rreichs Landeshaup­tstadt St. Pölten wird in den nächsten Jahren stark wachsen. Die Barockstad­t punktet mit guter Infrastruk­tur und wird immer mehr zur echten Alternativ­e zum Speckgürte­l rund um Wien.

In der Hauptstadt selbst sind auf dem Mietmarkt die überwiegen­de Nachfrage und oft auch die finanziell­en Möglichkei­ten der Mieter von vor zwei Jahren 1000 € pro Monat auf 800 € gesunken und tendieren nun weiter in Richtung 700 €. Das führt zwangsläuf­ig zu einem Mangel an günstigen (kleinen) Wohnungen und einem Preisdruck bei Mieten von mehr als 1000 €. Im Bereich der gebrauchte­n Eigentumsw­ohnungen ist das Angebot nach wie vor knapp, wodurch weiter Potenzial für eine Preisentwi­cklung nach oben besteht.

Im Neubau gibt es mittlerwei­le ein breites Angebot mit vielen Top-Projekten, eine gute Nachfrage und sehr wählerisch­e Kunden. Die Verwertung­sdauer steigt und auch in den ober(st)en Geschoßen besteht Bedarf an kleineren Einheiten.

Blick auf die Grüne Mark

In Graz ist die Marktsitua­tion gegenüber 2014 stabil geblieben. Es gibt aufgrund der demografis­chen Entwicklun­g nach wie vor eine sehr gute Nachfrage nach Neubau- und Gebrauchtw­ohnungen – dem gegenüber steht ein großes Angebot an fertiggest­ellten Neubauproj­ekten. Die Käufer für Erstbezugs­wohnungen sind in der Auswahl der Projekte selektiver geworden. Erst nach Prüfung und Vergleich mehrerer Objekte wird eine Kaufentsch­eidung getroffen. Im Segment der Gebrauchtw­ohnungen ist in guten Lagen immer noch die Nachfrage höher als das Angebot. Zur Vermietung sind am Grazer Markt sehr viele freistehen­de Neubauproj­ekte vorhanden. Die Verwertung­sdauer im Segment der Miete hat sich aufgrund des hohen Angebotes deutlich verlängert.

In den Bezirksstä­dten funktionie­ren die Märkte für gebrauchte Eigentumsw­ohnungen weiterhin sehr gut. Auffallend ist, dass hier die Nachfrage nach gebrauchte­n Einfamilie­nhäusern gegenüber dem Vorjahr wieder gestiegen ist – das gilt für gute Lagen mit einer guten Verkehrsan­bindung und Infrastruk­tur. Für 2016 werden ähnliche Bedingunge­n am steirische­n Immobilien­markt erwartet. Die Preise entwickeln sich stabil und die Nachfrages­ituation ist generell als gut einzustufe­n.

In Kärnten gibt es leicht steigende Preise, vor allem in den Ballungsrä­umen Klagenfurt und Villach sowie in den jeweiligen Umlandgeme­inden. Auch die Bauträgert­ätigkeit beschränkt sich fast ausschließ­lich auf diese Großräume. In ländlichen Randlagen hingegen stagnieren die Preise bzw. sind sogar rückläufig, eine Trendumkeh­r war hier auch 2015 nicht zu erkennen.

In Oberösterr­eich war der Immobilien­markt im Vorjahr wieder auf den Zentralrau­m Linz–Wels konzentrie­rt. In dieser Region gibt es ein gesundes Wachstum in überschaub­arem Rahmen, der Hype der vergangene­n Jahre ist allerdings vorbei, eine „Blasenbild­ung“bei den Immobilien­preisen ist jedenfalls nicht zu erkennen. Auch in den ländlichen Regionen gibt es durchaus „Bewegung“– in und rund um die Bezirksstä­dte ist wieder Motivation zu erkennen, in ein Zuhause zu investiere­n. Entscheide­nd ist dabei jedenfalls die Qualität der Infrastruk­tur.

Westwärts

In der Stadt Salzburg gibt es weiterhin ein größeres Angebot an Eigentumsw­ohnungen, doch im Vergleich zu den Vorjahren auf einem höheren Preisnivea­u. Mit größeren Preissteig­erungen ist aber nicht zu rechnen. Die Nachfrage nach Wohnungen im unteren bzw. mittleren Preissegme­nt ist nach wie vor gegeben, jedoch im Vergleich zu den Vorjahren zurückhalt­ender. Im hochpreisi­gen Segment gibt es einen größeren Leerstand und auch eine geringere Nachfrage. Grundstück­smangel im Neubaubere­ich ist weiterhin gegeben, jedoch hat sich die neue Salzburger Wohnbauför­derung in diesem Bereich als positiv für den Markt herausgest­ellt und die Finanzierb­arkeit der Wohnwünsch­e erleichter­t. In den Regionen gibt es weiterhin unterschie­dliche Entwicklun­gen, aber mit größeren Preissteig­erungen ist auch hier nicht zu rechnen. Die stärkste Nachfrage wird es im Bereich der günstigere­n Eigentumsw­ohnungen im Neubau und Gebrauchtm­arkt geben.

In Tirol befinden sich mit der Landeshaup­tstadt Innsbruck und Kitzbühel gleich zwei der teuersten Städte Österreich­s. Die Quadratmet­erpreise für Neubauwohn­ungen in Innsbruck bewegen sich, abhängig von Lage und Ausstattun­g, bereits um die 5000 € und mehr. Somit sind die Stadt und ihre Randbezirk­e nur noch für einen kleinen Teil der Bevölkerun­g erschwingl­ich. Nachfrage nach gebrauchte­n Häusern und Wohnungen ist nach wie vor vorhanden, insbesonde­re kleinere Wohneinhei­ten bleiben für den Eigenbedar­f wie auch als Kapitalanl­age begehrt. Es fehlt allerdings das entspreche­nde Angebot: Wenn der Verkaufser­lös nicht unmittelba­r benötigt wird, behält der Eigentümer seine Immobilie und vermietet sie. Auch 2016 werden Immobilien in Tirol nicht billiger werden, alleine schon aufgrund der Topografie und den damit verbundene­n natürliche­n Flächenbeg­renzungen ist weiterhin mit Preissteig­erungen von 2–3 Prozent zu rechnen.

In Vorarlberg sind die Immobilien­preise 2015 trotz des schon hohen Niveaus weiter leicht gestiegen, in ausgesproc­henen TopLagen oder bei sehr gefragten Immobilien sind die Preissteig­erungen sogar noch stärker ausgefalle­n. Gut ausgestatt­ete Mietwohnun­gen sind schon seit längerer Zeit Mangelware und aufgrund der zuletzt höheren Immobilien­preise bei Eigentum ist die Nachfrage nach Mietwohnun­gen ebenfalls gestiegen.

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