Ein Streifzug durch die Wohn-Republik
Wohnungssituation. Die Bevölkerung wächst um rund 70.000 Menschen pro Jahr, die Ballungsräume boomen noch stärker als bisher – wo in Österreich kann und soll sich das Wohnen weiter lohnen?
2 015 war ein sehr starkes Transaktionsjahr – allerdings ist wohl davon auszugehen, dass ein Großteil der erhöhten Grundbuchtransaktionen auf die jüngste Steuerreform zurückzuführen war.
Die mit Jahresbeginn wirksam gewordenen Änderungen der Immobilienbesteuerung waren für viele Anlass, Immobilientransaktionen noch im Jahr 2015 über die Bühne zu bringen. Aktuelle Einwohnerzahlen und Prognosen von Statistik Austria zeigen, dass die österreichische Bevölkerung derzeit jährlich um rund 70.000 Personen wächst. Grund dafür ist in erster Linie die verstärkte Zuwanderung, wobei ein nicht unwesentlicher Teil davon derzeit auch auf asylwerbende Personen entfällt.
Wie geht’s weiter?
Schon im Jahr 2022 wird Österreich daher die 9-Millionen-Einwohner-Marke erreicht haben und zeigt somit ein klares Wachstum. Hot
spots der Zuwanderung sind in NÖ speziell das Weinviertel, das nördliche Burgenland und Wien. Rund 30.000 der Zuwanderer wollen allein in die Bundeshauptstadt. Der Süden Wiens ist nach wie vor ein attraktives Wohngebiet, hat aber vergleichsweise wenig freie Fläche, sodass sich der wachsende Zuzug in den Norden und Osten außerhalb der Stadt verlagert. Davon profitieren Bezirksstädte wie Wolkersdorf, Korneuburg, Stockerau und Tulln. Niederösterreichs Landeshauptstadt St. Pölten wird in den nächsten Jahren stark wachsen. Die Barockstadt punktet mit guter Infrastruktur und wird immer mehr zur echten Alternative zum Speckgürtel rund um Wien.
In der Hauptstadt selbst sind auf dem Mietmarkt die überwiegende Nachfrage und oft auch die finanziellen Möglichkeiten der Mieter von vor zwei Jahren 1000 € pro Monat auf 800 € gesunken und tendieren nun weiter in Richtung 700 €. Das führt zwangsläufig zu einem Mangel an günstigen (kleinen) Wohnungen und einem Preisdruck bei Mieten von mehr als 1000 €. Im Bereich der gebrauchten Eigentumswohnungen ist das Angebot nach wie vor knapp, wodurch weiter Potenzial für eine Preisentwicklung nach oben besteht.
Im Neubau gibt es mittlerweile ein breites Angebot mit vielen Top-Projekten, eine gute Nachfrage und sehr wählerische Kunden. Die Verwertungsdauer steigt und auch in den ober(st)en Geschoßen besteht Bedarf an kleineren Einheiten.
Blick auf die Grüne Mark
In Graz ist die Marktsituation gegenüber 2014 stabil geblieben. Es gibt aufgrund der demografischen Entwicklung nach wie vor eine sehr gute Nachfrage nach Neubau- und Gebrauchtwohnungen – dem gegenüber steht ein großes Angebot an fertiggestellten Neubauprojekten. Die Käufer für Erstbezugswohnungen sind in der Auswahl der Projekte selektiver geworden. Erst nach Prüfung und Vergleich mehrerer Objekte wird eine Kaufentscheidung getroffen. Im Segment der Gebrauchtwohnungen ist in guten Lagen immer noch die Nachfrage höher als das Angebot. Zur Vermietung sind am Grazer Markt sehr viele freistehende Neubauprojekte vorhanden. Die Verwertungsdauer im Segment der Miete hat sich aufgrund des hohen Angebotes deutlich verlängert.
In den Bezirksstädten funktionieren die Märkte für gebrauchte Eigentumswohnungen weiterhin sehr gut. Auffallend ist, dass hier die Nachfrage nach gebrauchten Einfamilienhäusern gegenüber dem Vorjahr wieder gestiegen ist – das gilt für gute Lagen mit einer guten Verkehrsanbindung und Infrastruktur. Für 2016 werden ähnliche Bedingungen am steirischen Immobilienmarkt erwartet. Die Preise entwickeln sich stabil und die Nachfragesituation ist generell als gut einzustufen.
In Kärnten gibt es leicht steigende Preise, vor allem in den Ballungsräumen Klagenfurt und Villach sowie in den jeweiligen Umlandgemeinden. Auch die Bauträgertätigkeit beschränkt sich fast ausschließlich auf diese Großräume. In ländlichen Randlagen hingegen stagnieren die Preise bzw. sind sogar rückläufig, eine Trendumkehr war hier auch 2015 nicht zu erkennen.
In Oberösterreich war der Immobilienmarkt im Vorjahr wieder auf den Zentralraum Linz–Wels konzentriert. In dieser Region gibt es ein gesundes Wachstum in überschaubarem Rahmen, der Hype der vergangenen Jahre ist allerdings vorbei, eine „Blasenbildung“bei den Immobilienpreisen ist jedenfalls nicht zu erkennen. Auch in den ländlichen Regionen gibt es durchaus „Bewegung“– in und rund um die Bezirksstädte ist wieder Motivation zu erkennen, in ein Zuhause zu investieren. Entscheidend ist dabei jedenfalls die Qualität der Infrastruktur.
Westwärts
In der Stadt Salzburg gibt es weiterhin ein größeres Angebot an Eigentumswohnungen, doch im Vergleich zu den Vorjahren auf einem höheren Preisniveau. Mit größeren Preissteigerungen ist aber nicht zu rechnen. Die Nachfrage nach Wohnungen im unteren bzw. mittleren Preissegment ist nach wie vor gegeben, jedoch im Vergleich zu den Vorjahren zurückhaltender. Im hochpreisigen Segment gibt es einen größeren Leerstand und auch eine geringere Nachfrage. Grundstücksmangel im Neubaubereich ist weiterhin gegeben, jedoch hat sich die neue Salzburger Wohnbauförderung in diesem Bereich als positiv für den Markt herausgestellt und die Finanzierbarkeit der Wohnwünsche erleichtert. In den Regionen gibt es weiterhin unterschiedliche Entwicklungen, aber mit größeren Preissteigerungen ist auch hier nicht zu rechnen. Die stärkste Nachfrage wird es im Bereich der günstigeren Eigentumswohnungen im Neubau und Gebrauchtmarkt geben.
In Tirol befinden sich mit der Landeshauptstadt Innsbruck und Kitzbühel gleich zwei der teuersten Städte Österreichs. Die Quadratmeterpreise für Neubauwohnungen in Innsbruck bewegen sich, abhängig von Lage und Ausstattung, bereits um die 5000 € und mehr. Somit sind die Stadt und ihre Randbezirke nur noch für einen kleinen Teil der Bevölkerung erschwinglich. Nachfrage nach gebrauchten Häusern und Wohnungen ist nach wie vor vorhanden, insbesondere kleinere Wohneinheiten bleiben für den Eigenbedarf wie auch als Kapitalanlage begehrt. Es fehlt allerdings das entsprechende Angebot: Wenn der Verkaufserlös nicht unmittelbar benötigt wird, behält der Eigentümer seine Immobilie und vermietet sie. Auch 2016 werden Immobilien in Tirol nicht billiger werden, alleine schon aufgrund der Topografie und den damit verbundenen natürlichen Flächenbegrenzungen ist weiterhin mit Preissteigerungen von 2–3 Prozent zu rechnen.
In Vorarlberg sind die Immobilienpreise 2015 trotz des schon hohen Niveaus weiter leicht gestiegen, in ausgesprochenen TopLagen oder bei sehr gefragten Immobilien sind die Preissteigerungen sogar noch stärker ausgefallen. Gut ausgestattete Mietwohnungen sind schon seit längerer Zeit Mangelware und aufgrund der zuletzt höheren Immobilienpreise bei Eigentum ist die Nachfrage nach Mietwohnungen ebenfalls gestiegen.