„Lehrer von 8–16 Uhr anwesend“
22-Stunden-Streit. Experte Salcher drängt auf ein Ganztagsmodell
Michael Häupl ist das neue Feindbild der Lehrergewerkschaft. Nach Häupls viel kritisiertem 22-Stunden-Sager affichiert die Gewerkschaft nun Anti-Häupl-Plakate he Faksimile) an allen Schulen.
Bildungsexperte Andreas Salcher ist über die aktuelle Diskussion, ob Lehrer zwei Stunden zusätzlich unterrichten sollen, oder nicht, in höchstem Maße verwundert. „Klar ist, dass wir die Diskussion jetzt nur haben, weil dem Bildungsressort das Geld ausgeht“, meint Salcher. Dabei müsste die Debatte viel tiefer gehen:
Totalreform
„Wir brauchen eine Totalreform des Lehrerdienstrechts, das auch in seiner neuen Form wesentliche Formen des Lernens mit seinem strengen Werteinheiten-System gar nicht oder nur mit explodierenden Kosten leisten kann“, sagt Salcher.
Er fordert, das System der Werteinheiten und die Abrechnung nach 50-Minuten Unterrichtsstunden ersatzlos zu streichen. Auch das neue
Dienstrecht für Leh- rer, das erst ab 2019 verpflichtend gilt und eine höhere Anwesenheit in den Klassen vorsieht, sei unbrauchbar für das, was das Schulsystem in Zukunft brauche. Sein Konzept, erklärt Salcher, habe er vergangenen Herbst auch dem ÖVP-Parteichef Reinhold Mitterlehner vorgetragen. Kern seines Vorschlags: Österreich gehe in Richtung ganztägiger Schulformen. Doch mit dem alten und neuen Dienstrecht, das in gewisser Weise auf Stundenzählen der Lehrer basiert, sei es unmöglich, das umzusetzen. Lehrern müssten dann nämlich jede einzelne zusätzliche Stunde an der Schule als Überstunde teuer abgegolten werden.
Ganztagsmodell
Und wie soll das neue Modell aussehen? „Lehrer leisten ihre Arbeit von acht bis 16 Uhr pro Tag an ihrer Schule. Das lässt sich am besten durch ein faires Jahresarbeitszeitmodell umsetzen.“Die gute Nachricht für Pädagogen sei, dass die Aufteilung ihrer Zeit zwischen Unterricht, regelmäßiger Fortbildung, Betreuung von Projekten, Teambesprechungen, individueller Vorbereitung und Elternarbeit nicht zentral vorgegeben wird, sondern autonom an der Schule durch den Direktor vorgegeben wird. Die Zeiteinteilung werde vom Lehrerteam in Absprache mit dem Direktor autonom festgelegt. Salcher: „Die Hausaufgaben fallen zum Großteil weg und für Schüler, Lehrer und Eltern endet die Schule im Normalfall um 16.00 bis 17.00 Uhr.“
Tatsächlich arbeitet derzeit eine Expertengruppe der Regierung an einem fast revolutionär klingenden Schulmodell, welches durchaus in die Richtung ganztägiger Schulformen und einer breiten Autonomie für Schulen geht. Die Ergebnisse sollen bis Juni vorliegen, bis November will die Regierung die Reform fixieren.