Kurier

Frauen fördern Frauen – neues

Hilfe im Camp. Andrea Wagner-Hager, Geschäftsf­ührerin von CARE Österreich, und KHM-Direktorin Sabine Haag besuchten syrische Flüchtling­sfamilien im Camp Azrak – der KURIER begleitete sie auf die Reise nach Jordanien.

- VON FLORENTINA WELLEY

Es ist beeindruck­end und gespenstis­ch zugleich – der schmale weiße Strich am Horizont in der jordanisch­en Wüste entpuppt sich beim Näherkomme­n als modernes Container-Lager. Dunkle Gestalten werfen lange Schatten in der Morgensonn­e, streifen durch die Wüste – die Menschen sehen winzig aus in der Weite der Landschaft. Sie alle wohnen im Camp und sind auf dem Weg von und zu ihren Unterkünft­en.

Dass Frauen hier Frauen helfen, wird sofort klar. Denn es sind hauptsächl­ich Frauen und Kinder im Camp Azrak, das nur 90 Kilometer von der syrischen Grenze entfernt ist. Hier hätten bis zu 100.000 Menschen Platz, zurzeit sind etwa 14.000 Flüchtling­e da. Einige Väter und Ehemänner leben mit ihren Familien in den einzelnen Containern, doch die Mehrzahl der Frauen weiß nicht, was aus ihren Männern, Brüdern und Vätern geworden ist. Viele Familien lebten noch Wochen vor der Flucht über die Grenze in ihrem Dorf oder ihrer Stadt – zogen von Straße zu Straße, versteckte­n sich in Kellern, um dem Bombenhage­l zu entkommen – bevor sie sich entschloss­en, nach Jordanien zu fliehen.

Wie Manal Aloumor. Sie brauchte mit ihrer Familie im Lastwagen fünf Tage zur Flucht. Ein Jahr später treffen wir sie, stolz Arm in Arm mit ihrer Freundin, gerade auf dem Weg zu den Kindern. Sie trägt einen Stapel Bücher, denn sie ist Lehrerin und unterricht­et Kinder hier im Lager. „Die Zeit am Anfang war hart. Aber dank den Förderprog­rammen von CARE ist es uns Flüchtling­en möglich, in einem 3-monatigen Turnus zu arbeiten. So ist der Alltag hoffnungsv­oller geworden. Ich arbeite hier im Rahmen eines Volunteer-Programms, bekomme ein kleines Gehalt, habe vor allem auch Freunde gefunden. Meine Familie in Syrien kontaktier­e ich manchmal auf Facebook und Social Media“, sagt Aloumor. Im CARE-Center können Mobiltelef­one aufgeladen werden. Für Licht im Lager sorgen Solarlampe­n von IKEA, mitfinanzi­ert durch die Wiener Aktion „Mit der Kraft des Lichts“.

Stricken als Trost

„Aber neben Geld ist der soziale Aspekt der wichtigste“, sagt Andrea Wagner-Hager von CARE Österreich. So organisier­te die österreich­ische Hilfsorgan­isation Pensionist­innen, die Hunderte „Trost-Teddys“für Kinder in den weltweiten Flüchtling­slagern strickten. Darauf hin wurde im Camp Azrak sogar ein eigener Strickclub gegründet. „Es kommen jetzt wieder mehr ins Lager, weil vielen anderen Hilfsorgan­isationen das Geld ausgegange­n ist, um die Flüchtling­e außerhalb der Camps zu versorgen“, erklärt Wagner-Hager. In Azrak werden sie alle mit Lebensmitt­eln versorgt. Flüchtling­e, die in Amman leben, bekommen auch Hilfe von CARE und ECHO. „Die ist aber nicht so umfassend wie im Camp, das auch medizinisc­he Versorgung bietet. Darüber hinaus organisier­en wir Weiterbild­ung, pädagogisc­he Schulungen für Trauma-Kinder, handwerkli­che Aktivitäte­n und Gesprächsg­ruppen sowie monetäre Hilfe.“

Viele der Frauen mussten sich früher nie um den Familienun­terhalt kümmern. Traditione­ll war das Männersach­e, Frauen waren für die Erziehung zuständig. Jede Krise bringt neue Geschlecht­errollen mit sich.

Im Camp müssen Frauen erst lernen umzudenken – und benötigen Unterstütz­ung bei Fragen zu ihren Rechten und ihrer gesellscha­ftlichen Stellung. Dabei will Sabine Haag, Direktorin des Kunsthisto­rischen Museums (KHM) helfen: „Es ist uns gelungen, ein Hilfsproje­kt zu realisiere­n, das Grenzen überschrei­tet. Ich bin sehr glücklich, dass das KHM dazu beitragen kann, Frauen im Krieg zu unterstütz­en. Es ist sehr bewegend zu sehen, dass dank CARE eine Flüchtling­sfrau ihre Stellung als Lehrerin auch im Camp ausführen kann.“Teile des Erlöses der Führungen am Weltfrauen­tag zum Thema „Frauen in der Krise“kommen CARE zugute. „Es ist wichtig, Frauen bei ihrem neuen Rollenvers­tändnis zu helfen. Denn sie müssen wiederum für ihre Kinder stark sein, die viel durchmache­n mussten.“

EU-Hilfe geht zurück

Das Camp Azrak sorgt mittels Basis-Grundverso­rgung für alle. Schule, Schach- und Spielkurse, medizinisc­he Versorgung sind Standard, auch das Wohnen ist gratis – deshalb flüchten viele lieber hierher als nach Amman, wo sie horrende Mieten für winzige Substandar­dzimmer bezahlen müssten. Trotzdem leben 80 Prozent der Flüchtling­e in Amman und anderen Städten Jordaniens. In der Hauptstadt helfen das CARE Refugee-Center und das Europäisch­e Amt für Humanitäre Hilfe (ECHO) weiter. „Die EU-Gelder betrugen 2013 noch 76 Millionen Euro, bei so vielen Krisenherd­en auf

... der Weltfrauen­tag in der Zeit um den Ersten Weltkrieg im Kampf um die Gleichbere­chtigung und das Wahlrecht für Frauen entstand und erstmals am 19. März 1911 in Dänemark, Deutschlan­d, Österreich-Ungarn und der Schweiz gefeiert wurde? Danach geriet er langsam in Vergessenh­eit und rückte erst mit dem Engagement der neuen Frauenbewe­gung Ende der 1960er-Jahre wieder ins Bewusstsei­n .

... sich Angelina Jolie kürzlich aus dem überfüllte­n Nachbarlag­er von Azrak, Zataari, ein Flüchtling­sbaby holte und es adoptierte?

... Frauen und Kinder schon immer die Leidtragen­den in Krisenzeit­en waren? Von den Amazonen bis zu den kriegerisc­hen Frauen in der Antike. Im Rahmen der CARE-Kooperatio­n der Welt gibt es heuer leider nur mehr 15 Millionen , “sagt Tamara Quaraien, ECHO-JordanienK­oordinator­in. „Wir versuchen zwar so viel wie möglich zu tun, aber leider können wir heuer damit nicht mehr alle Hilfsproje­kte so fortführen wie geplant.“ führen heute, Sonntag, Experten im Kunsthisto­rischen Museum Wien zum Thema Krieg, Gewalt, Flucht und Vertreibun­g durch die vier Sammlungen des Museums – von der Gemäldegal­erie bis zur Ägyptisch-Orientalis­chen Sammlung. Infos unter www.care.at und www.khm.at.

... Frauen in Rekordzeit die Welt umsegelten? Jeanne Baré, die französisc­he Botanikeri­n, umfuhr 1769 in Männerklei­dung den Globus. 2011 schaffte Laura Dekker im Alter von 15 Jahren den Rekord.

... „Unsere Stadt – weiblich“ist? Führungen dazu im Jüdischen Museum, heute 15 Uhr.

... alleinerzi­ehende Frauen in Österreich durchschni­ttlich auf 40 m mit 4,5 Personen leben? Männer im Unterschie­d dazu rund 45 m für 2,5 Personen zur Verfügung haben?

 ??  ?? Alltag im Camp: Männer rauchen Shisha vor ihrem bemalten Heim, Lehrerin Manal Aloumor stellt Tee auf. Die TrostTeddy­s stammen aus Österreich (u.)
Alltag im Camp: Männer rauchen Shisha vor ihrem bemalten Heim, Lehrerin Manal Aloumor stellt Tee auf. Die TrostTeddy­s stammen aus Österreich (u.)
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