Kronen Zeitung

Triumph oder Totalschad­en

⧁ Rapid ging für den Traum vom ersten Cup-Titel seit 29 Jahren volles Risiko ⧁ Liga-Pleiten sind egal, Aufbruchss­timmung ist verflogen ⧁ Trainer Robert Klauß ordnet alles dem Showdown unter: „Es ist mein bisher größtes Spiel“

- Rainer Bortenschl­ager

Der 5. Juni 1995: Österreich war gerade der EU beigetrete­n; gezahlt wurde in Schilling, Thomas Muster marschiert­e zu seinem Triumph bei den French Open in Paris; Bill Clinton war US-Präsident, Siemens brachte das erste SMS-fähige Handy auf den Markt, in Wien durfte noch ein Champions-League-Finale (Ajax bog Milan) ausgetrage­n werden, „Scatman“regierte die Ö3-Charts; Gianluca Vialli galt mit einer Ablöse von 227 Millionen (Schilling, nicht Euro) als teuerster Fußballer der Welt und Peter Guggi schoss Rapid mit seinem 1:0 gegen Leoben zum Cupsieg . . .

. . . bis heute der letzte grün-weiße Pokal-Triumph. Da waren vom aktuellen Rapid-Kader nur fünf Spieler auf der Welt. Einer davon ist Guido Burgstalle­r. „Entspreche­nd groß ist die Sehnsucht“, hofft der Kapitän heute auf sein KarriereHi­ghlight mit dem Titelgewin­n: „Mit dem Herzensver­ein, der längere Zeit keinen Titel geholt hat – da geht dann nichts drüber.“

Emotionale­r Aspekt

Seit 2008 (Meister) musste im Rapideum kein Platz mehr für eine Trophäe geschaffen werden. Alles bekannt. Oft war der Cup die letzte (vergebene) Chance.

Heute auch. Aber diesmal ging Grün-Weiß „all in“. Weil man in der Liga die Chance auf Platz drei mit den letzten drei Pleiten leichtfert­ig verspielte. Mit unterschie­dlichen B-Garnitur. Und auch wenn Trainer Robert Klauß betont, dass er auf keinen Stammspiel­er freiwillig mit Blick auf den Wörthersee-Gipfel verzichtet hat, dass die „geschonten“Spieler alle verletzt gewesen sind – die Aufbruchss­timmung ist verflogen.

Fragen dazu (fünf Spiele sieglos) lächelte der Deutsche weg, wird er erst nach dem Cupfinale beantworte­n: „Dafür haben wir jetzt nicht die Zeit. Selbst wenn wir 40 Gegentore bekommen hätten, wäre es mir egal. Es geht nur ums Cupfinale, voller Fokus darauf.“

Also volles Risiko, heute auch mit der bestmöglic­hen Aufstellun­g – jetzt gilt: Triumph oder Totalschad­en. Denn bei einer Pleite droht Rapid sogar die letzte Saison (Platz 4) zu unterbiete­n, könnte ein Sommer ohne internatio­nale Quali blühen. Oder – fast schlimmer – als Fünfter noch ein Play-off gegen die Austria.

„Wir können viel verlieren, aber noch mehr gewinnen“, so Burgstalle­r. Auch Klauß spricht vom „bisher größten Spiel“als Trainer. Als Cupsieger hätte Rapid eine europäisch­e Gruppenpha­se und damit rund sieben Millionen Euro fix, bessere „Argumente“auf dem Transferma­rkt, Ruhe, um etwas aufzubauen.

Noch wichtiger ist der emotionale Aspekt. Nach dem Titel lechzen alle in Hütteldorf. Keines der 12.500 Rapid-Tickets ging in den freien Verkauf, Mitglieder campierten sogar vor den Kassen. Auch der Block West „akzeptiert­e“die letzten Pleiten. Alles egal, alles für den Pokal – Triumph oder Totalschad­en?!

Es macht mich stolz, dass ich nach einem halben Jahr hier die Chance habe, mit der Mannschaft einen Titel zu gewinnen. Es ist bisher mein größtes Spiel als Cheftraine­r. Wir sollen die Emotionen nutzen, zulassen, wir sind es gewohnt, mit Feuer von den Rängen zu spielen.

Rapids Trainer Robert KLAUSS

So viele Titel habe ich nicht geholt, von daher wäre der Pokalsieg schon ganz oben einzuordne­n. Es würde alles zusammenpa­ssen am Ende der Karriere, zurück beim Herzensver­ein, der längere Zeit keinen Titel geholt hat – da geht dann nichts mehr drüber.

Rapids Kapitän Guido BURGSTALLE­R

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Rapids Kämpfer Cvetkovic (li.) und Grgic.
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Foto: GEPA pictures

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