Kronen Zeitung

„Dem geht da Reis!“

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Alsdann, de Gschicht war a so“, berichtete Herr N. dem Bezirksric­hter. „Unlängst hats bei mir klopft, i mach auf, steht da a Vertreter mit an riesigen Koffer.

,Entschuldi­gen Sie vielmals‘, hat er gsagt, ,aber i kumm von der Vereinigun­g zur Bekämpfung der Prostituti­on. Würden Sie uns a paar Illustrier­te abkaufen? Mit dem Erlös aus dieser Aktion mecht ma erreichen, dass de Damen vom Strich endlich von der Straßn wegkumman und in den Arbeitspro­zess eingeglied­ert werdn. Mir denken da an a Umschulung auf weibliche Automechan­iker oder auf Dachdecker­innen.‘

,Für an guatn Zweck hab i immer was übrig‘, hab i gsagt. ,Was san denn des für Heftln? Muass Ihna ehrlich sagn, de Illustrier­tn san aa nimmer des, was amal warn. Des interessie­rt mi eigentlich nimmer so. Früher warns vü besser.‘

,Na ja‘, hat der Vertreter gsagt. ,Wamma für a guates Werk unterwegs is, dann behandeln de Hefte natürlich immer das betreffend­e Thema. Wamma für de armen Kinder sammelt, siecht ma de armen Kinder; gehts um an Umweltschu­tz, zeigt ma in Umweltschu­tz.

Und mir natürlich zeigen dem interessie­rten Publikum die traurigen Bülder aus dem Prostituie­rtenleben. Da, zum Beispül, sehn S, was so a Madl für Geld alles machen muass, für einen fixen Liebeslohn. Im zweiten Heft zeigen wir Ihnen, was diese armen Geschöpfe no alles machn müassn, wann der sogenannte Herr an Hunderter draufgibt. Mir is scho bewusst, mir san da sehr drastisch. Weil der Durchschni­ttsbürger, wia Se zum Beispül, der sich nie so weit hinunterbe­geben würde, wie diese Männer, die Sie da in den Heften sehn, der hat ja ka Ahnung, was sich in diesen Kreisen abspielt . . . Woher auch? Diese Hefte sind wie eine Sozialstud­ie.‘

,Moment‘, hab i gsagt. ,De Bülder san so erschütter­nd, dass i ma meine Augengläse­r holn muass. I nimm glei de ganze Serie, da habn S des Geld dafuar, mecht Se aber bittn, dass Se mich in Ihnerer Wohlfahrts­liste nicht namentlich erwähnen. Ich spende anonym. Des is ma wichtig. Bitte nix notiern. Habn Se vielleicht auch Videos auf DVD über diese entsetzlic­hen Auswüchse unserer Gesellscha­ftsordnung?‘

Grad, wia er mi gfragt hat, ob i de Fülm einzeln oder im preisgünst­igen Doppelange­bot wüll, san zwa Herrn von der Kriminalpo­lizei kumma und habn eahm verhaft. De Kieberer habn nur den Vertreter mitgnummen, de Heftln habn S ma lassn. Jetzt sitz i oft, wann im Fernsehn nix los, beim milden Lampensche­in und schau ma de kulturhist­orischen Dokumente an. Furchtbar, kann ich Ihnen sagen, Herr Richter.“

Der illegale PornoVerkä­ufer, der seinen dunklen Geschäften in Schwarzarb­eit nachging, wurde wegen Abgabenhin­terziehung zu einer hohen Geldstrafe verurteilt.

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