Kronen Zeitung

Stubenkate­r oder Raubkatze?

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Mit einem Korb, in dem eine Katze saß, erschien Herr F. im Geschäft eines Tierpräpar­ators und sagte: „Gehn S, bitte i hätt gern a künstliche­s Auge für mein Kodern. Vur einiger Zeit hat eahm beim Rafn a anderer Koda des linke Aug ausghaut. Jetzt is alles schön verheilt, de Augenhöhle is trocken, jetzt kann i eahm a neichs einsetzen.“

„Se wolltn dem Koda a Glasaug gebn?“, sagte der Geschäftsm­ann. „Des hab i aa no nie ghört! Und Se glaubn wirkle, dass der des tragt?“– „Bestimmt“, meinte Herr F. „Er is unhamlich eitel. Überhaupt jetzt, wo er auf Brautschau geht. Habn Se überhaupt künstliche Augn? Wann net, muass i eahm a schwarzes Monokl gebn. Weil fesch muass er sei!“

„Natürlich“, sagte der Präparator und brachte eine Schachtel. „Suachn S Ihna halt ans aus; verkaufn tua is aber nur paarweis. Des muass Ihna klar sein.“

„Des passert in der Farb“, meinte Herr F. und hielt ein Auge probeweise dem Tier hin. „Sehn S, wia er scho schaut! Des gfallt eahm! Da wird er se schmeißn bei de Katzn mit dem Aug! Setzn S eahms, bitte, ein?“

„I?“, sagte der Geschäftsm­ann. „Ah, i net! I bin ja ka Optiker! I setz nur bei ausgstopft­e Viecher de Augn ei. Gengan S zu an Tierarzt damit.“

„Da brauch i kan Tierarzt“, meinte Herr F., hob den Kater aus dem Korb und setzte ihn auf den Ladentisch. „Des werma glei habn. Aber Moment, i siech grad, das Aug is a bisserl z groß. Des ghört anscheinen­d für an Tiger. Da habn S Ihna vertan. A Raubkatz hab i net. Mehr an Stubenkate­r. Habn S vielleicht a klaners, da in der Schachtel hintn seh i was.“

„Nach längerem Suchen hat der Herr endlich a passendes Auge gfunden und wollts dem Koda glei bei mir am Tisch eisetzn“, berichtete der Präparator kopfschütt­elnd dem Richter, „des Viech hat se natürlich net ghaltn, is von der Budel gsprunga und hat ma an riesign Schadn angricht. Zwa ausgstopft­e Zeiserln hat er ma beschädigt, und a Uhu is total hi, weil er mirn vom Kasten obeghaut hat. Des war a Theater. So was hab i in mein ganzn Gschäftsle­bn no net erlebt, Herr Rat.“

Das Urteil wird schriftlic­h ergehen.

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