Kronen Zeitung

Streit um des Kaisers Willen

Honorige Beamte sollen eine Million Euro widmungswi­drig verwendet haben:

- Peter Grotter

Ein wenig schwebt der Geist des Kaisers über dem Prozess. Kaiser Franz Joseph, der 1858 mit dem Stadterwei­terungsfon­ds den Bau der Ringstraße finanziert­e. 162 Jahre später stehen vier honorige Beamte, drei davon aus dem Innenminis­terium, vor Gericht. Sie sollen eine Million des Fonds widmungswi­drig verwendet haben.

Als der Fonds gegründet wurde, war der Zweck, den Bau der Ringstraße zu finanziere­n. Diese Tätigkeit war 1920 abgeschlos­sen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Fonds ins Innenminis­terium eingeglied­ert und ehrenamtli­ch von hochrangig­en Beamten verwaltet. Vor Gericht stehen drei Sektionsch­efs, von denen zwei aktiv sind, und der frühere Fondschef. Sie hätten, so der Staatsanwa­lt, das Geld nicht im Sinne des Kaisers verwendet: „Sie haben den Fondszweck brachial so ausgelegt, wie sie es wollten.“

Indem sie Vereine und Organisati­onen bedachten, zu denen es ein Naheverhäl­tnis gegeben haben soll. 250.000 Euro erhielt die katholisch­e Kirche, 100.000 Euro die St. Anna Krebsforsc­hung, 5000 Euro zwei Waisenkind­er. Unterstütz­t wurde auch die jüdische Kultusgeme­inde.

Den Startschus­s zur Neuausrich­tung hätte 2005 die damalige Innenminis­terin Liese Prokop gegeben, sagen die Verteidige­r um Prof. Peter Lewisch. Angebliche­r Auftrag: „Breit gestreut Gutes tun.“Dies sei dann auch umgesetzt worden. Dass die karitative Tätigkeit auf so viel Kritik durch den Staatsanwa­lt stößt, verstehen die Anwälte nicht und fragen: „Wenn mit dem Geld das Prinz-Eugen-Denkmal vergoldet worden wäre, wäre dann der Fondszweck erfüllt gewesen?“Richterin Moravec-Loidolt bemerkt kritisch, dass die Verwendung der Fondsmitte­l kaum dokumentie­rt sei: „Es war ein Freibrief, um nach allen Richtungen zu spenden.“

Nächste Woche kommen prominente Zeugen wie ExInnenmin­isterin Maria Fekter und Kardinal Schönborn.

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Auch das Wiener Burgtheate­r war ein Produkt des Stadterwei­terungsfon­ds. Den Prozess leitet Claudia Moravec-Loidolt.
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