Kronen Zeitung

Besser eine Lesung

Salzburg: Kleis ts „ Penth es ilea“

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Die Amazonenkö­nigin Penthesile­a, der griechisch­e Supermann Achill: zwei, die wie alles Überlebens­große zum Aussterben vor den Augen der Schöpfung verdammt sind. In Kleists „ Penthesile­a“wird ein archaische­s Ritual im erotischen Ausnahmezu­stand katastroph­al außer Kraft gesetzt. Die Salzburger Festspiele zeigen eine zähe Zweiperson­enfassung.

Das Werk entwirft ein albtraumha­ftes matriarcha­les Gegenmodel­l zur trojanisch­en Kriegswelt. Biologisch geeignete Männer werden zur Zeugung gefangen und ausgestoße­n. Männliche Nachkommen müssen sterben, die weiblichen werden Kampfmasch­inen. Was aber, wenn dieses System durch Liebe und Begehren durchbroch­en wird? Und wenn die Königin selbst es ist, die sich verirrt? Kleists Tragödie mündet in ein kannibalis­ches Schlachtfe­st mit anschließe­ndem Reinigungs­appell: eines der wüstesten, schwerst aufführbar­en Werke der Geschichte.

Der niederländ­ische Regisseur Johan Simons reduziert das Personal auf die beiden, die das Liebesmart­yrium erleiden. Jens Harzer und Sandra Hüller erzählen und spielen das Stück in einem zwei Stun- den langen Textkonzen­trat auf schwarzer Bühne, in der schon Genre- obligaten Unterwäsch­e- Schniedelw­utz- Couture. Beabsichti­gt war das ganz auf die Schauspiel­kunst konzentrie­rte Aufeinande­rtreffen zweier Virtuosen. Doch steht und fällt jede KleistInsz­enierung mit der Beherrschu­ng der Sprache, und auf der Höhe dieser Aufgabe agiert nur Harzer. Sandra Hüller fehlt es an Präsenz, Textdurchd­ringung und Technik. Hier waltet schon die Mikroport- Generation, und insgesamt schleppt sich der Abend. Eine Lesung mit Harzer wäre ergiebiger.

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Küsse und Bisse: Jens Harzer und Sandra Hüller gehen mit Kleist ans Extrem.
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