Frust abladen
In der SPÖ braut sich etwas zusammen. Am Wochenende sind prominente Genossen ganz offen mit scharfer Kritik am Zustand der Sozialdemokratie aus den Kulissen getreten.
Der über Jahrzehnte als Sekretär von Heinz Fischer dienende Bruno Aigner beklagt, dass die SPÖ an Bodenhaftung verloren hat.
Gerhard Zeiler, Anfang der 1980er- Jahre Sprecher von SPÖ- Kanzler Fred Sinowatz, fordert von den Sozialdemokraten in einem langen Aufsatz den Willen zum Wandel und gibt ihr gleich eine Erledigungsliste mit auf den Weg.
Dass die früheren SPÖSekretäre ihren Frust ausgerechnet in der regierungsfreundlichen „ Presse“abladen, darf als Boshaftigkeit unter Parteifreunden verstanden werden.
Das ändert nichts am Wert des Befunds der beiden. Zeiler und Aigner sind zwar vom real existierenden Alltag meilenweit entfernt, aber ihre Partei kennen sie besser als viele, die dort jetzt am Ruder sind.
Recht geben ihnen auch jüngste Umfragen, wonach das aktuelle Spitzenpersonal der Bundes- SPÖ im Vergleich zur türkis- blauen Regierung chancenlos ist.
Die Führungsgarde der letzten verbliebenen roten Bastionen – Wien, Kärnten und das Burgenland – wird dem Niedergang auf Dauer nicht zusehen können.
Die Schwierigkeit ist allerdings, dass es in der SPÖ durchaus kluge Köpfe wie Gerhard Zeiler und Bruno Aigner gibt. Leute, die elegant erklären, was in der Sozialdemokratie seit geraumer Zeit schiefläuft. Aber es findet sich keiner, der die Ideen dann erfolgreich auf den Boden bringt.