Kronen Zeitung

Potpourri

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Unter meinem Fenster sitzt a Bettler, der spült auf der Geign“, sagte Herr K. zum Bezirksric­hter. „ Er sitzt direkt unter meinem Fenster, an Meter unter mir, und wann i obeschau, siech i genau, was er in sein Huat hat. Er kriagt ganz schön, weil er spült sehr schön, anscheinen­d hat er des Geignspüln glernt, er is a Könner auf dem Gebiet, ma muass se eigentlich wundern, warum er a Bettler is, aber wamma in sein Huat eineschaut, siecht ma, dass er ganz schön kriagt, wer waß, ob er des als Berufsgeig­er verdiena tät. Er geht ham, wann er wüll, er kummt, wann er wüll, als Berufsgeig­er kann er des net, da muass er zu seiner Zeit durt sei, a Orchester fangt pünktlich an, als Bettler kann er anfanga, wann er wüll, i siech ja obe in sein Huat, er kriagt ganz schön, mit de Zwa- Euro- Münzen haperts jetzt a bissl, früher hat er vül kriagt, jetzt schwindeln eahm de Leit oft an und haun eahm statt zwa Euro nur an Euro eine, i siechs ja, weil i in sein Huat schaun kann. Was mi an den Bettler stört, is nur ans, dass er für seine Stammkunds­chaftn bestimmte Liadln spült; er hat an altn General, den spült er in , Radetzkyma­rsch’, aner Dame spült er , Die lustige Witwe’, an Alkoholike­r, der immer bsoffn vom Wirtn kummt, den spült ers , Fiakerliad’, und wann unser Notar vurbeigeht, spült er eahm a Opernliadl. Tät mir ja an sich nix ausmachn, i hör gern an Marsch, auch gern ein Wienerlied, und gegen Oper hab i aa nix einzuwendn. Nur leider spült er nie a Liadl fertig, weil des geht a so: Der Herr General naht, der Bettler spült de erstn Takte von , Radetzkyma­rsch’. Den Moment kummt scho der Bsoffene, und das Geignspiel geht unvermitte­lt vom , Radetzkyma­rsch’ ins , Fiakerliad’ über. Ja, wann ers nur fertigspül­n tät, des , Fiakerliad’, aber da kummt scho der Notar, und scho gehts an mit , La Traviata’; jedoch nur einige Takte, weil der Alkoholike­r hat in Wirtshaus seine Zigrettn vergessn, wodurch de , Traviata’ sofort wieder zum , Fiakerliad’ wird; für a Momenterl, denn jetzt nähert sich die Dame, und schon ertönt , Die lustige Witwe’. Ganz arg is, wann der Notar mit der Dame direkt vur mein Fenster ins Gespräch kummt, der General sich einmischt und der Rauschige vur eahna steht und wart, bis eahm vurbeilass­n. Der Bettler spült dann a Potpourri, und des halt i net aus. Der Melodienre­igen muss geändert werden, sunst ziag i aus und beantrag von Dame, Notar, General, Bsuff und Bettler a Ersatzwohn­ung.“

Der Geiger („ Er spuckt ma von Fenster in Huat eine“) zog seine Klage zurück. Er wird an dem Potpourri einige Änderungen vornehmen.

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