Holz predigen, Wein trinken
Wir reisen durchs Land und stellen die schönsten Plätze Österreichs vor. Heute Peter Moser und sein Thomatal im Salzburger Lungau.
Der erste Schnee ist im Schönfeld gefallen. Der Feldbach mäandert entlang der Bergstraße durch eine fast schwarz- weiße Landschaft, während unten im Thomatal, nur wenige Autominuten entfernt, die herbstelnden Lärchen goldene Farbtupfen in den grünen Nadelwald zaubern.
Peter Moser ( 64), stammt aus Thomatal. Dort, im südlichsten Zipfel des Salzburger Lungaus, wo man einst von Erz und Eisen lebte, wuchs er mit seinen vier Geschwistern als Sohn eines Hufschmieds auf.
Wir lebten im Heustadl, und die Mama kochte
„ Früher“, sagt er, während er am Schönfeld inmitten der Nockberge durch den Schnee zu einer ganz besonderen Hütte voraus- stapft, „ früher hatten wir hier oben ein , Mahdl‘. Wenn wir unten in Thomatal mit dem Heuen fertig waren, ist die ganze Familie samt Mägden und Knechten für eine Woche heraufgezogen. 12 Personen haben dann in einem großen Stadl gelebt und geschlafen und Heu gemacht. Und die Mama hat für alle gekocht.“
Eine Erinnerung wie aus einem historischen Heimatroman.
Seit dieser Kindheit hat Peter Moser eine Lebensreise mit vielen flotten Kurven erlebt.
Zum Beispiel, als er als Schüler eines musischen Gymnasiums – für einen Thomataler HufschmiedSohn eh schon eine Besonderheit – nach einem Ferialjob auf der TauerntunnelBaustelle überraschend die Laufbahn eines Bau- Ingenieurs einschlug.
Oder als ihn sein älterer Bruder vor 37 Jahren aus der großen Stadt zurück ins kleine, beschauliche Heimatdorf holte. Um gemeinsam das Sägewerk der Familie umzukrempeln. Um künftig statt schnurgerader, nüchterner Bauhölzer unverwüstliche fröhliche Holz- Spielplätze für Kinder herzustellen.
Eine Hobelbank als Altar und doppelte Messen
Oder als man ihn später nach Wien einlud, um „ Holz zu predigen“, wie er sagt. Also als Holz- Experte Vorträge über kindergerechte, naturbelassene Spielgeräte zu halten.
Das waren aufregende und schöne Lebenskurven. Aber es gab auch solche, die ihn zur Verzweiflung brachten. Zum Beispiel, als sich, mit zwei Töchtern und einem Sohn, unvermittelt der Lebensweg seiner Frau von seinem trennte.
„ Ich weiß nicht mehr, was zuerst war. Aber damals war für mich als Vertriebsleiter der Druck extrem hoch. Ich hatte dauernd die Sorge, dass unsere Leute nächstes Jahr vielleicht keine Arbeit mehr haben“, sagt Peter. „ Ich hab auch die Wochenenden im Büro verbracht, bin regelrecht von daheim in die Firma geflüchtet.“
Nach solchen Erlebnissen, aber auch nach ganz besonders schönen, zog und zieht es Peter Moser hinauf ins Thomataler Schönfeld. Eben dorthin, wo früher der Familien- Heustadl stand.
Mosers Freund Valentin Pfeifenberger, der 2004 verstorbene, für seine österlichen Esel- Ritte berühmte Pfarrer von Thomatal, hatte dort inzwischen einen anderen Stadl, die sogenannte Josefshütte, als Kapelle adaptiert.
Drinnen diente eine alte ausgediente Hobelbank als Altar, der Wind pfiff bei bestimmten Wetterlagen mehrstimmig durch die fingerbreiten Ritzen, und es gab nur bedenklich flackern- des Kerzenlicht. Aber Pfarrer Pfeifenbergers sommerliche Feldmessen in und vor der Josefshütte waren weit übers Thomatal hinaus beliebt.
Zu zweit in den Wald eintauchen
„ Manchmal hielt der Valentin gleich zwei hintereinander ab“, erzählt Peter Moser lachend, „ weil nach der ersten noch immer so viel Leut draußen standen.“
„ Jedenfalls hast den Peter hier in der Josefshütte manchmal allein, weinend mit einer Kerze und einer Flasche Wein am Abend antreffen können“, sagt Peter Moser mit leicht verlegenem Lächeln über sich. „ Warum das verdammt noch mal schiefgehen musste, habe ich mich dann gefragt. Oder auch, warum es mir gerade so verdammt gut geht.“
Heute überwiegt Letzte- res. Deshalb geht Peter Moser statt zur Josefshütte auch gerne öfters mit Freundin Ingrid rund um seinen Heimatort spazieren. „ In den Wald eintauchen“, nennt er das. „ Ich horche dann nach besonderen Vögeln, suche besondere Blumen. Das habe ich eine ganze Weile nicht mehr gekonnt“, sagt er lächelnd. „ Manchmal heißt , in den Wald eintauchen‘, aber auch einfach ganz unromantisch, dass wir Schwammerln klauben gehen.“