Wenig Magie auf Prosperos Eiland
Einbildungskraft ist vonnöten, auch Fantasie und Langmut: Zum 400. Todesjahr von William Shakespeare durfte die britische Regisseurin Deborah Warner auf der Pernerinsel den „Sturm“auf die Höhe der Zeit bringen. Ihre Inszenierung auf weiter, öder Flur mutet wie eine Robinsonade an, in der zwar Rache in Läuterung und Gnade umkippt, aber ohne echten Zauber bleibt.
Viel wurde vorweg berichtet über die politische Relevanz des 1611 uraufgeführten Stücks: Ein Daseinsbild aktueller Weltzustände ergibt sich aber in Deborah Warners mehr schäbig als fantasievoll wirkender Inszenierung nicht wirklich. Die Entourage rund um König Alonso, die der Zauberer Prospero dank Ariels Hilfe bei der Überfahrt von Afrika nach Europa auf seiner Insel stranden lässt, trägt rote Schwimmwesten (merke: Mittelmeer!). Das war’s auch schon, denn der Herr der Feen, Zwerge, Luftgeister und eigentlich „rechtmäßige Herzog von Mailand“ist nicht Despot, nur Rachsüchtiger, auch ein Gelehr-
ter, Weiser, ja Liebender. Das zeigt er jeden Moment: Peter Simonischek mit verwildertem Almöhi-Bart gibt Prospero zornige wie menschliche Züge – und das von Beginn an. Er hadert nicht, er sinnt nach, beschwört seine, auch höllischen, Untertanen mit drohendem Ton und erfährt große Erkenntnis: Simonischek pendelt zwischen eisernem Willen und Sanftmut, gibt dem langen Abend das, was rundum fehlt: Differenzierung!
Schwarze Wände, ein weißer Kieselweg, Becken mit Morast, eine alte Badewanne, Strandgut aus Styropor, Plastik etc., ein Leinwandstreifen für die Videos von fettFilm: Deborah Warner und ihr Ausstatter Christof Hetzer hieven Gewohntes,
Banales auf die Bühne: Alsonso (Branko Samarovski) mit Gefolge wird in staubtrockenen Anzügen auf das Eiland gespült; Ariel („in english“: Dickie Beau) trägt Jeans und T-Shirt mit Aufdruck „invisible“(unsichtbar); Prosperos Töchterchen Miranda (Sara Tamburini) muss als schreiende Göre ein lautes Dummchen
hervorkehren, stille Annäherung an Alonsos Sohn Ferdinand (Maximilian Pulst) ist ihr kaum gegönnt.
Hänger im Tempo sind wohl kalkuliert: Calibans (wieder einmal mit nacktem Johannes: Jens Harzer) Mordplan mit den „lustigen“Kumpanen wird zelebriert wie das Ganze. Magie und Witz sind perdu!