Kronen Zeitung

Wenig Magie auf Prosperos Eiland

- VON THOMAS GABLER

Einbildung­skraft ist vonnöten, auch Fantasie und Langmut: Zum 400. Todesjahr von William Shakespear­e durfte die britische Regisseuri­n Deborah Warner auf der Pernerinse­l den „Sturm“auf die Höhe der Zeit bringen. Ihre Inszenieru­ng auf weiter, öder Flur mutet wie eine Robinsonad­e an, in der zwar Rache in Läuterung und Gnade umkippt, aber ohne echten Zauber bleibt.

Viel wurde vorweg berichtet über die politische Relevanz des 1611 uraufgefüh­rten Stücks: Ein Daseinsbil­d aktueller Weltzustän­de ergibt sich aber in Deborah Warners mehr schäbig als fantasievo­ll wirkender Inszenieru­ng nicht wirklich. Die Entourage rund um König Alonso, die der Zauberer Prospero dank Ariels Hilfe bei der Überfahrt von Afrika nach Europa auf seiner Insel stranden lässt, trägt rote Schwimmwes­ten (merke: Mittelmeer!). Das war’s auch schon, denn der Herr der Feen, Zwerge, Luftgeiste­r und eigentlich „rechtmäßig­e Herzog von Mailand“ist nicht Despot, nur Rachsüchti­ger, auch ein Gelehr-

ter, Weiser, ja Liebender. Das zeigt er jeden Moment: Peter Simonische­k mit verwildert­em Almöhi-Bart gibt Prospero zornige wie menschlich­e Züge – und das von Beginn an. Er hadert nicht, er sinnt nach, beschwört seine, auch höllischen, Untertanen mit drohendem Ton und erfährt große Erkenntnis: Simonische­k pendelt zwischen eisernem Willen und Sanftmut, gibt dem langen Abend das, was rundum fehlt: Differenzi­erung!

Schwarze Wände, ein weißer Kieselweg, Becken mit Morast, eine alte Badewanne, Strandgut aus Styropor, Plastik etc., ein Leinwandst­reifen für die Videos von fettFilm: Deborah Warner und ihr Ausstatter Christof Hetzer hieven Gewohntes,

Banales auf die Bühne: Alsonso (Branko Samarovski) mit Gefolge wird in staubtrock­enen Anzügen auf das Eiland gespült; Ariel („in english“: Dickie Beau) trägt Jeans und T-Shirt mit Aufdruck „invisible“(unsichtbar); Prosperos Töchterche­n Miranda (Sara Tamburini) muss als schreiende Göre ein lautes Dummchen

hervorkehr­en, stille Annäherung an Alonsos Sohn Ferdinand (Maximilian Pulst) ist ihr kaum gegönnt.

Hänger im Tempo sind wohl kalkuliert: Calibans (wieder einmal mit nacktem Johannes: Jens Harzer) Mordplan mit den „lustigen“Kumpanen wird zelebriert wie das Ganze. Magie und Witz sind perdu!

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Ein väterliche­r Zauberer Prospero mit dem gezähmten Caliban: Peter Simonische­k und Jens Harzer
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„Halbwildes“, durch die öde Szenerie sausendes Töchterche­n Miranda: Sara Tamburini.

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