Klarna gerät in die Schuldenklemme
Der Bezahldienst Klarna kämpft an vielen Fronten – nicht nur mit Onlinebetrügern. US-Behörde ermittelt, weil sich viele Bürger hoch verschulden. Kreditausfälle nehmen zu.
Kaufe jetzt – bezahle in 14 Tagen. Wer sich übernimmt oder aufs Zahlen vergisst, den erwarten saftige Gebühren. Dies ist die Geschäftsidee des schwedischen Internetbezahldienstes Klarna – neben ordentlichen Verkäufergebühren für den Dienst. Die Idee basiere auf Vergesslichkeit und ungedeckten Kaufräuschen, also menschlichen Schwächen, erklärt ein Mitarbeiter aus dem höheren Klarna-Management. Längst ist die einst kleine Firma weltweit expandiert. In Österreich geriet Klarna in die Schlagzeilen, nachdem Unbekannte mit fremden Daten Waren bestellt und sich diese von Klarna vorab bezahlen lassen hatten. Das Unternehmen ist selbst Opfer eines riesigen Betrugs.
Klarnas Bilderbuchgeschichte bekommt freilich aus anderen Gründen Risse. Der öffentlichrechtliche schwedische TV-Sender SVT berichtet, dass ausgerechnet in den so marktliberalen USA ein Ermittlungsverfahren gegen Klarna laufe. Die Probleme vieler überschuldeter Konsumentinnen und Konsumenten – nach Einkaufstouren an den Rabatttagen „Black Friday“und „Cyber Monday“– habe das „US Consumer Financial Protection Bureau“(CFPB) alarmiert.
Auch der schwedische Finanzminister Max Elger kritisiert Klarna. Wie in den USA, gebe es auch in Schweden Probleme. „In den letzten Jahren haben wir eine Zunahme dieser Art von Verbraucherkrediten erlebt; das Risiko besteht darin, dass Einzelpersonen in Schwierigkeiten
geraten“, so der Finanzminister. Klarna-Sprecher wollten dazu nicht interviewt werden. In einer E-Mail an SVT heißt es nur, dass Klarna der US-Behörde gerne die Vorteile des Geschäftsmodells im Vergleich zu Kreditkarten erläutern werde. Laut CFPB funktioniert das Geschäftsmodell folgendermaßen: Die Handelsketten zahlen eine Gebühr von drei bis sechs Prozent des Kaufwerts an Klarna. Je größer der Kauf ist, desto mehr verdienen sowohl das Geschäft als auch der Zahlungsdienstleister.
haben – neben dem „Sofort kaufen und später zahlen“– die Möglichkeit, die dann fällige Zahlung in Raten aufzuteilen. Aber hier, so die US-Behörde, liege das Problem. Die gesplitteten Käufe seien teurer, als wenn sie gleich bezahlt würden. US-Kunden würden Gefahr laufen, bei mehreren Käufen über Klarna die Kontrolle über die Höhe der Rechnungsbeträge zu verlieren. Die CFPB hält auch die Prüfung der Bonität der Kunden durch Klarna für unzureichend, was viele Konsumenten in eine Schuldenfalle locken würde.
„Natürlich muss man die Gesamtheit der Finanzen des Verbrauchers betrachten. Wenn diese Informationen fehlen, kann es leicht zu einfach werden“, kritisiert Schwedens Finanzminister. Gleichzeitig befinden sich die Kreditverluste von Klarna auf einem historisch hohen Niveau. In den ersten drei Quartalen 2021 stiegen die Kreditausfälle im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 83 Prozent, während
weder die Erträge noch der Kreditbestand oder das Transaktionsvolumen nur annähernd so stark zunahmen, analysierte die schwedische Tageszeitung „SvD“. „Dies sind die dramatischsten Kreditverluste, die ich je bei einem Unternehmen des Finanzsektors gesehen habe“, verdeutlicht Peter Malmqvist, unabhängiger Aktienanalyst, im Gespräch mit „SvD“.
2018 hatte Klarna noch ein Betriebsergebnis von 5,5 Milliarden US-Dollar und Kreditverluste von 0,8 Milliarden. 2020 beliefen sich die operativen Erträge auf 10 Milliarden und die Kreditverluste auf 2,5 Milliarden. Sowohl Klarna-Mitgründer Victor Jacobsson als auch CEO Sebastian Siemiatkowski haben laut der Wirtschaftstageszeitung „DI“größere Aktienmengen verkauft. Jacobsson, der in der Stockholmer Fintech-Szene, zu der unter anderem auch Spotify gehört, als eine Art „Greta Garbo“gilt, habe Aktien im Wert von umgerechnet 203 Millionen Euro veräußert. Am gleichen Tag verkaufte Siemiatkowski Aktien für umgerechnet 7,56 Millionen Euro.