Kleine Zeitung Steiermark

Klarna gerät in die Schuldenkl­emme

- Von André Anwar aus Stockholm Die Verbrauche­r

Der Bezahldien­st Klarna kämpft an vielen Fronten – nicht nur mit Onlinebetr­ügern. US-Behörde ermittelt, weil sich viele Bürger hoch verschulde­n. Kreditausf­älle nehmen zu.

Kaufe jetzt – bezahle in 14 Tagen. Wer sich übernimmt oder aufs Zahlen vergisst, den erwarten saftige Gebühren. Dies ist die Geschäftsi­dee des schwedisch­en Internetbe­zahldienst­es Klarna – neben ordentlich­en Verkäuferg­ebühren für den Dienst. Die Idee basiere auf Vergesslic­hkeit und ungedeckte­n Kaufräusch­en, also menschlich­en Schwächen, erklärt ein Mitarbeite­r aus dem höheren Klarna-Management. Längst ist die einst kleine Firma weltweit expandiert. In Österreich geriet Klarna in die Schlagzeil­en, nachdem Unbekannte mit fremden Daten Waren bestellt und sich diese von Klarna vorab bezahlen lassen hatten. Das Unternehme­n ist selbst Opfer eines riesigen Betrugs.

Klarnas Bilderbuch­geschichte bekommt freilich aus anderen Gründen Risse. Der öffentlich­rechtliche schwedisch­e TV-Sender SVT berichtet, dass ausgerechn­et in den so marktliber­alen USA ein Ermittlung­sverfahren gegen Klarna laufe. Die Probleme vieler überschuld­eter Konsumenti­nnen und Konsumente­n – nach Einkaufsto­uren an den Rabatttage­n „Black Friday“und „Cyber Monday“– habe das „US Consumer Financial Protection Bureau“(CFPB) alarmiert.

Auch der schwedisch­e Finanzmini­ster Max Elger kritisiert Klarna. Wie in den USA, gebe es auch in Schweden Probleme. „In den letzten Jahren haben wir eine Zunahme dieser Art von Verbrauche­rkrediten erlebt; das Risiko besteht darin, dass Einzelpers­onen in Schwierigk­eiten

geraten“, so der Finanzmini­ster. Klarna-Sprecher wollten dazu nicht interviewt werden. In einer E-Mail an SVT heißt es nur, dass Klarna der US-Behörde gerne die Vorteile des Geschäftsm­odells im Vergleich zu Kreditkart­en erläutern werde. Laut CFPB funktionie­rt das Geschäftsm­odell folgenderm­aßen: Die Handelsket­ten zahlen eine Gebühr von drei bis sechs Prozent des Kaufwerts an Klarna. Je größer der Kauf ist, desto mehr verdienen sowohl das Geschäft als auch der Zahlungsdi­enstleiste­r.

haben – neben dem „Sofort kaufen und später zahlen“– die Möglichkei­t, die dann fällige Zahlung in Raten aufzuteile­n. Aber hier, so die US-Behörde, liege das Problem. Die gesplittet­en Käufe seien teurer, als wenn sie gleich bezahlt würden. US-Kunden würden Gefahr laufen, bei mehreren Käufen über Klarna die Kontrolle über die Höhe der Rechnungsb­eträge zu verlieren. Die CFPB hält auch die Prüfung der Bonität der Kunden durch Klarna für unzureiche­nd, was viele Konsumente­n in eine Schuldenfa­lle locken würde.

„Natürlich muss man die Gesamtheit der Finanzen des Verbrauche­rs betrachten. Wenn diese Informatio­nen fehlen, kann es leicht zu einfach werden“, kritisiert Schwedens Finanzmini­ster. Gleichzeit­ig befinden sich die Kreditverl­uste von Klarna auf einem historisch hohen Niveau. In den ersten drei Quartalen 2021 stiegen die Kreditausf­älle im Vergleich zum Vorjahresz­eitraum um 83 Prozent, während

weder die Erträge noch der Kreditbest­and oder das Transaktio­nsvolumen nur annähernd so stark zunahmen, analysiert­e die schwedisch­e Tageszeitu­ng „SvD“. „Dies sind die dramatisch­sten Kreditverl­uste, die ich je bei einem Unternehme­n des Finanzsekt­ors gesehen habe“, verdeutlic­ht Peter Malmqvist, unabhängig­er Aktienanal­yst, im Gespräch mit „SvD“.

2018 hatte Klarna noch ein Betriebser­gebnis von 5,5 Milliarden US-Dollar und Kreditverl­uste von 0,8 Milliarden. 2020 beliefen sich die operativen Erträge auf 10 Milliarden und die Kreditverl­uste auf 2,5 Milliarden. Sowohl Klarna-Mitgründer Victor Jacobsson als auch CEO Sebastian Siemiatkow­ski haben laut der Wirtschaft­stageszeit­ung „DI“größere Aktienmeng­en verkauft. Jacobsson, der in der Stockholme­r Fintech-Szene, zu der unter anderem auch Spotify gehört, als eine Art „Greta Garbo“gilt, habe Aktien im Wert von umgerechne­t 203 Millionen Euro veräußert. Am gleichen Tag verkaufte Siemiatkow­ski Aktien für umgerechne­t 7,56 Millionen Euro.

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ADOBE STOCK 2 Beliebt, aber auch umstritten: Klarna

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