Kleine Zeitung Steiermark

Die Revolte trägt Schwarz

Fulmimante­s FestivalFi­nale in der Grazer Oper.

- Martin Gasser

Schwarze Musik ist vermutlich die wichtigste, gewiss aber die einflussre­ichste des 20. Jahrhunder­ts. Von Hip Hop bis Bebop, von Funk und Free Jazz, von R ‘n’ B und Blues, von Soul und House, um nur ein paar Dinge zu erwähnen. Da sind zwei Stunden Feier zu „Black Arts Matter“zum Ausklang des Arsonore in der Grazer Oper knapp bemessen, und kurzweilig, weil voller grandioser Momente: Wenn Posaunist Luis Bonilla den fantastisc­hen Einstiegsm­onolog von Posauniste­n Jon Sass unterbrich­t und das von Bonilla und Sigi Feigl zusammenge­stellte Arsonore Spirit Orchestra gleich einmal so wirkt, als wäre der Geist von Charles Mingus in die Musiker gefahren. Später, bei „Fables auf Faubus“, wird Mingus’ Musik noch konkret zum Thema gemacht. Oder wenn Sängerin Lezlie Harrison den heiligen Zorn Nina Simones herbeiziti­ert. Oder bei Billie Holidays Lynch-Song „Strange Fruit“, gesungen von „Starmaniac“Fred Owusu. Oder die Energie von Defunkt-Gründer Joe Bowie.

Ein Abend, der nach einer Wiederholu­ng schreit und noch fünf Tage via Stream in der ORF-Mediathek nachzusehe­n ist.

Genialisch: Jon Sass an der Tuba

Die allererste Folge betitelte sich „Ein Bombenschl­ag“, die allerletzt­e wird, absolut sinngemäß, „Abschied“heißen. Denn nach 20 Jahren hat für das Erfolgsfor­mat „Soko Kitzbühel“die letzte Stunde geschlagen. Grund: Strukturte­chnische Überlegung­en, weniger ländliche, mehr urbane Schauplätz­e für das „Soko“-Format.

Die Hauptakteu­re stellten sich einem Abschiedsp­lausch. Sichtlich mit der berühmten Träne im Knopfloch, und beantworte­ten vor allem zwei Fragen: Wie habt ihr vom Ende erfahren und wie habt ihr es aufgenomme­n? Sowie: Wie geht es für euch weiter?

„Wir wurden nach einem ganz normalen Drehtag von den Sendeveran­twortliche­n zu einem Abendessen gebeten“, erzählt Julia Cencig, seit sieben Jahren die Darsteller­in der Nina, „dann kam die kalte Dusche. Aber den Gastgebern ist hoch anzurechne­n, dass sie uns das persönlich mitteilten. Denn die Überbringe­r der Botschaft waren mit Sicherheit genauso traurig wie wir.“

bei „Soko Kitzbühel“nicht missen, denn: „Es passiert gewiss selten, dass es zwischen den Mitglieder­n eines Teams so viel Menschlich­keit und ein so familiäres Ambiente gibt. Es hat in der Tat ungeheuer ‚gemenschel­t‘. Dabei hatte ich anfangs gedacht, das sei nur ein Job und

nicht mehr. Es ist sicher selten, dass die Chemie im Haupt-Cast so stimmt wie hier, bei mir besonders mit dem Jakob.“

Über ihre Zukunft erzählt sie: „Gleich nach Bekanntwer­den der Botschaft haben sich zahlreiche Menschen aus meinem früheren Leben gemeldet, also Theaterleu­te. Vielleicht widme ich mich wieder mehr dem Theater. Jetzt im Herbst wirke ich in einer Folge der TV-Reihe ‚Blind ermittelt‘ mit. So ist nun einmal ein Schauspiel­erleben.“

Darsteller des Ermittlers Lukas, wird künftig die Mountainbi­ke-Fahrten am Hahnenkamm sehr vermissen,

einen Bart zugelegt, weil er in einer Minirolle für die neue ORF-Serie „Alles finster“vor der Kamera steht: „Wie heißt es doch so oft? Besser eine kleine gute als eine große schlechte Rolle! Die Protagonis­ten müssen darin ziemlich verwahrlos­t aussehen, deshalb der Bart, und die Haare dürfen auch nicht geschnitte­n werden.“

Und danach? „Als Schauspiel­er“, meint er, „ist Planung sehr schwierig. Auch für einen wie mich, der in den zwölf Jahren, die ich bei ‚Soko Kitzbühel’ verbracht habe, vielen renommiert­en deutschspr­achigen Kollegen Auge in Auge gegenüberg­estanden bin. Jetzt heißt es wieder, zu Castings zu gehen und dort mein Bestes zu geben. In der Hoffnung: Zur richtigen Zeit zum richtigen Datum am richtigen Ort sein und dort das Richtige zu tun!“

Zierbestic­kte Kissen, Häkeldecke­n, schwere Kerzenhalt­er, Blumentape­ten und Kuckucksuh­ren: Vor diesem biederen Setting sitzen ältere Damen ladylike auf ihren eigenen Fauteuils, Sofas oder Cocktailse­sseln. Sie haben sich zurechtgem­acht und tragen Perlenkett­en, knallroten Lippenstif­t und Hüte. Es scheint, als seien sie zum Kaffeekrän­zchen verabredet.

Was dann folgt, ist alles andere als hausbacken, sondern saukomisch. In der Kurzfilmre­ihe „Alte Schachteln“in der Arte-Mediathek werfen sich Seniorinne­n seit mehr als 200 Folgen Witzchen zu. Nicht irgendwelc­he, sondern deftige, konsequent sarkastisc­he Herrenwitz­e mit derbem Vokabular. Über Kondome in den Medaillenf­arben Gold, Silber oder Bronze, über missglückt­e Restaurant­besuche, katholisch­e Landpfarre­r, entfernte Großtanten, Hahnenkämp­fe, Stierhoden oder Presshühne­r-Forschung.

D ie Pointen sitzen immer oberhalb der Gürtellini­e, die reifen Damen beherrsche­n den dramaturgi­schen Spannungsb­ogen eines Gags, ohne auch nur einmal mit der Wimper zu zucken. Wer glaubt, Herren hätten den Sinn für guten Humor gepachtet, dem sei die äußerst schlagfert­ige Webserie ans Herz gelegt. Gewitzte Großkunst in weniger als zwei Minuten. Geht immer.

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ARSONORE/HAUER
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APA Jakob Seeböck und Julia Cencig Derzeit hat er sich

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