PAUL CHAIM EISENBERG
geboren 1950, war von 1983 bis 2016 Oberrabbiner der Israelitischen Kultusgemeinde in Wien – eine Funktion, die vor ihm schon sein Vater innehatte. Bis heute ist er Oberrabbiner Österreichs. Eisenberg hat sechs Kinder und ist Klezmersänger.
Herr Minister, unser Geld verliert so schnell an Wert wie seit Jahren nicht mehr, die Inflation liegt bei drei Prozent. Macht Sie das nervös?
Nervosität vielleicht nicht, aber Vorsicht ist auf jeden Fall angebracht. Wenn die Inflation zu hoch wird, haben alle, die Schulden haben, einen Vorteil, alle, die Erspartes haben, hingegen einen Nachteil. Ich komme aus einer Familie, wo mein Vater alleinverdienender Pflichtschullehrer war. Da gab es keine Investitionen in Immobilien. Da waren 10 bis 20.000 Euro am Sparbuch für das nächste Auto oder wenn die Waschmaschine kaputt ist. Für diese Leute ist es eine Katastrophe, wenn die Zinsen nicht mitwachsen und das Geld stattdessen immer weniger wert wird.
Es besteht die Gefahr, dass die Notenbank durch politische Fakten nicht mehr so viel Handlungsspielraum hat wie davor. Wenn wir viele Staaten in der Eurozone haben, die weit über hundert Prozent Staatsverschuldung haben und sich ständig neu verschulden müssen, können sie sich höhere Zinsen de facto nicht leisten. Das ist ein Problem, eine Gefahr. Wir müssen auf EU-Ebene zu einer soliden Budgetierungspraxis zurückkehren.