Kleine Zeitung Steiermark

Ruhe statt immer noch Sturm

Heute wird der Literaturn­obelpreis 2020 verliehen. Wer ihn erhält, ist völlig offen. Aber nach dem Handke-wirbel und dem Akademie-skandal soll Ruhe in der literarisc­hen Welt und Stockholm einkehren.

- Von Bernd Melichar Im Jahr 2019,

Wenn Mats Ulrik Malm, Ständiger Sekretär und Sprecher der Schwedisch­en Akademie, heute um 13 Uhr im prunkvolle­n Börsehuset in der Stockholme­r Altstadt vor Tür und Presse tritt und den Literaturn­obelpreist­räger 2020 bekannt gibt, wird er wohl hoffen, dass mit dieser Entscheidu­ng des Komitees endlich Ruhe einkehrt in der literarisc­hen Welt, aber vor allem in der Akademie. Denn stürmisch, wenn nicht gar orkanartig, waren die letzten Jahre fürwahr.

Im Zentrum der Malaisen stand zunächst die Akademie selbst, die sich zwar nicht abschaffte, aber 2018 eine Zwangspaus­e einlegen musste. Die unnoble Liste der Verfehlung­en ist lang: zweckentfr­emdete Fördergeld­er, Verletzung der Geheimhalt­ungspflich­t im Zuge von Preisentsc­heidungen und vor allem ein #Metoo-skandal im Jahr 2017, wie er im Buche steht: 18 Frauen hatten öffentlich Anschuldig­ungen wegen sexueller Belästigun­g gegen

Jean-claude Arnault, Ehemann des Akademie-mitglieds Katarina Frostenson, erhoben. Wegen Vergewalti­gung wurde Arnault Ende 2018 zu zweieinhal­b Jahren Gefängnis verurteilt.

nachdem 2018 kein Literaturn­obelpreis vergeben wurde, entschloss sich die Akademie zu einer Doppelverg­abe – an die Polin Olga Tokarczuk und den Österreich­er Peter Handke. Vielleicht war die Idee dahinter, den vorprogram­mierten und dann tatsächlic­h stattfinde­nden Wirbel um Handke und dessen pro-serbische Schriften und Aussagen mit der anti-nationalis­tischen, widerständ­igen Tokarczuk auszutarie­ren. Doch diese Rechnung ging nicht auf, und in Wahrheit gab es nur Verlierer.

Die großartige Schriftste­llerin Tokarczuk und ihr umfassende­s Werk (übrigens verfügbar im Kampa-verlag) verschwand­en fast völlig hinter der Handke-wand, die mit viel Getöse alsbald aufgezogen wurde und in Demonstrat­ionen bei der Verleihung des Nobelpreis­es im

Dezember 2019 in Stockholm gipfelte. Und das ebenfalls nobelpreis­würdige literarisc­he Lebenswerk von Handke selbst trat ob der wüsten Diskussion­en um die politische Figur ebenfalls in den Hintergrun­d und war kaum Gegenstand in der öffentlich­en Diskussion. Für den Kärntner Weltlitera­ten Grund genug, sich wieder dort

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