Die Schrecken der nächtlichen Schönheit
Eine sinnfällige Verbindung: Georg Friedrich Haas’ Nachtmusik und E. T. A. Hoffmanns Schauerromantik.
Wer glaubt, eine romantische Nacht bestehe aus lauen Temperaturen, milchigem Mondlicht und ein wenig Zweisamkeit, der wird von Meisterdichter E. T. A. Hoffmann eines Besseren belehrt. Die Schauerlichkeiten der Nacht hat der Oberromantiker immer wieder beschrieben, so auch in den Erzählungen, die Peter Simonischek in der List- Halle vortrug. Dass Hoffmann nicht nur begnadeter Schriftsteller, sondern auch ein begabter Komponist gewesen ist, weiß man aus Lexika und dem Netz. Diesmal durfte man es auch hören: Das Pacific Quartet Vienna und Harfenist Christoph Bielefeld umrahmten Hoffmanns Erzählungen mit dessen Quintett in c-moll, das vor allem im Adagio herrliche Musik parat hält.
Wer bis spätabends in der List-halle blieb, durfte Ohrenzeuge einer der großen Séancen und Exerzitien der Neuen Musik werden. Georg Friedrich Haas’ 3. Streichquartett „In iij. Noct.“von 2001, das in absoluter Dunkelheit aufgeführt werden soll. Eine Anforderung, die man in der Listhalle (anders als letztes Jahr im Klagenfurter Stadttheater bei der grandiosen Dunkeloper „KOMA“) leider nicht ganz erfüllen konnte – die fluoreszierenden Bodenmarkierungen ließen den Augen ein wenig Futter und dem Wahrnehmungsapparat ein wenig Halt. Doch die Idee von Haas’ Nachtmusik wurde auch so deutlich: Eine Interaktion zwischen vier Musikern, die ganz auf dem einander Zuhören beruht, auf musikalischen Einladungen und Reaktionen, ein einmal stockendes, einmal angeregtes Gespräch in Obertönen, reinen Intervallen und Glissandi, inspiriert von einem anderen großen Nacht-komponisten, Carlo Gesualdo, und ebenso von erschreckender Schönheit.