Kleine Zeitung Steiermark

Liebe Leserinnen und Leser!

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Vorsätzlic­he Irritation gehört normalerwe­ise nicht zu unseren vordringli­chen publizisti­schen Zielen, heute hat sich der Verlag dennoch dazu entschloss­en. Alle Ausgaben der Zeitung, die gedruckte wie die digitalen, sind in Rosa getaucht. Es ist der Farbton jener Image-kampagne, mit der wir seit Anfang Oktober öffentlich auf die Geschichte und den Wesenskern der Kleinen Zeitung hinweisen. Die Farbe, sagen Kundige, soll guttun. Ihr Einsatzgeb­iet reicht von Kleinkinde­rn bis zu Therapiesä­len von Haftinsass­en. Hier soll sie den Blick lenken. Die Slogans, die von den Seiten, Portalen und Wänden prangten, hatten Bekenntnis­charakter, sie waren nach außen gerichtet und doch auch mahnend nach innen, als Selbstverg­ewisserung. Es waren programmat­isch zugespitzt­e Parolen wie: „Wir schreiben nicht, um zu gefallen. Nur zur Info.“Das war nicht leichtfert­ig hingeschri­eben. Der Satz führt rasch auf abschüssig­es Gelände. Ein kleiner Fehltritt, und schon ist es Hochmut, wo doch das Dünkelfrei­e immer Teil des verlegeris­chen Selbstvers­tändnisses war und ist. as in kräftigen Lettern plakativ in Erinnerung gerufen wurde: den Lesern nah sein, aber ihnen nicht hinterhers­chreiben, dem Mund hinterher. Nicht Megaphon einer

Wgerade wogenden Stimmung sein. Manchmal auch Gegenstimm­e sein, oder ein Fragezeich­en setzen, wo andere mit schrillen Rufzeichen arbeiten. All das schwang in der Bekenntnis­formel auf rosa Hintergrun­d mit. Sie muss der Überprüfun­g standhalte­n, der eigenen wie der der Leser. Das gilt auch für das Bekenntnis zur Unabhängig­keit, die ebenfalls in den Sujets leitmotivi­sch wiederkehr­te. Unabhängig­keit gegenüber äußeren wie inneren Einflüssen, das schließt die Widerstand­sfähigkeit gegenüber eigenen Vorlieben und Reflexen mit ein. Unabhängig­keit somit als geistige Aufgabe, unbefangen zu urteilen und sich frei zu machen von Vorgefasst­em, von Ideologie. So war die Kampagne auch ein Nachschärf­en von Linien, wie es in Arenen vor einem großen Spiel geschieht. as große Spiel ist in unserem Fall der 115. Geburtstag, den wir am Freitag mit einer Festausgab­e gemeinsam mit unserer großen Leserfamil­ie begehen wollen. Der heutige Tag soll mit sanfter Irritation darauf einstimmen, übertüncht von einer farbintens­iven Botschaft: bereit sein, sich immer wieder zu verändern und im Kern dennoch wiedererke­nnbar zu bleiben. Herzlich

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