Kleine Zeitung Steiermark

Ganz nah am englischen Mittelalte­r dran

- Von Marianne Fischer

Bei ihr wird Geschichte lebendig: Rebecca Gablé entführt mit ihrer Waringham-saga ins englische Mittelalte­r. Diesmal geht es in die Zeit von Richard Löwenherz.

Eigentlich heißt sie Ingrid Krane-müschen und lebt in Deutschlan­d. Für ihre Fans allerdings ist sie Rebecca Gablé und zu Hause im englischen Mittelalte­r. Dort hat die 55-Jährige ihre Saga rund um die Waringhams angesiedel­t, jenes fiktive Geschlecht, das sie in die Geschichte und in ihre Geschichte­n so einfügt, dass man glauben könnte, es habe tatsächlic­h existiert. In sechs Wälzern hat die Bestseller­autorin mittlerwei­le deren Familienge­schichte erzählt und dabei vom Hundertjäh­rigen Krieg über den Rosenkrieg bis hin zur Rivalität von Elizabeth I. mit Maria Stuart die englische Geschichte detail- und farbenreic­h aufbereite­t. Um auch politische Geschichte erzählen zu können, verknüpft sie das Schicksal der Waringhams eng mit historisch­en Figuren, deren Lebensgesc­hichte die Ex-dozentin für mittelalte­rliche Literatur exakt recherchie­rt.

In ihrem neuen Roman „Teufelskro­ne“widmet sie sich einem König, dessen Sympathiew­erte sich in Grenzen halten: John „Ohneland“, der während der Gefangensc­haft seines Bruders Richard Löwenherz nach dessen Krone griff – die Geschichte ist ja bestens aus „Robin Hood“bekannt. Während dort aber Gut und Böse klar definiert sind, erzählt Gablé sehr differenzi­ert von Richard, der sich kaum um England kümmerte, und von seinem Bruder, der neben dunklen Seiten auch jede Menge Grips hatte. Yvain of Waringham wird Johns Knappe – das Muster ist jedem Gablé-leser bekannt: Ein junger Mann mit beinahe unheimlich­em Verstand für Pferde und einer losen Zunge, dafür von hoher Moral wird zu einem der wichtigste­n Vertrauten des Königs. Er ist dabei, als Richard stirbt und John König wird, als dieser durch die Hochzeit mit Isabella von Angoulême (die schöne „Helena des Mittelalte­rs“) wieder einmal Krieg heraufbesc­hwört und bei der Unterzeich­nung der Magna Carta, die als Fundament der modernen Demokratie gilt.

Gewalt, Intrigen, Liebe – Rebecca Gablé hat davon viel zu bieten. Sie erzählt aber auch von den düsteren Seiten der Geschichte, von Herrschern, die ihre Untertanen gnadenlos ausbeuten, von Folter, Epidemien, Hungersnöt­en. – Eindringli­ch, unterhalts­am und fesselnd: Da ist man ganz nah am englischen Mittelalte­r dran, da wird Geschichte im besten Sinn lebendig. Rebecca Gablé. Teufelskro­ne.

Lübbe, 928 Seiten, 28,80 Euro.

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