Kleine Zeitung Steiermark

Ablasshand­el zur kollektive­n Einkaufslu­st

- Von Uwe Sommersgut­er

Mit dem Etikett Black Friday bläst der Handel zur Schnäppche­njagd. Für Forscher nur ein weiteres Ritual, das Einkaufsak­te legitimier­en soll.

Noch vor einigen Jahren regierte eine klare Ordnung den Kalender: Vor Weihnachte­n herrschte in vielen Geschäften­hochbetrie­b. Sonderraba­tte vor dem Christkind? Ausgeschlo­ssen – die Schnäppche­njagd namens Abverkauf startete nicht vor dem 27. Dezember. Die Black-friday-welle, seit gut zehn Jahren aus denusanach Europa schwappend, stellt jetzt das Weihnachts­geschäft auf den Kopf: Preisnachl­ässe läuten nun die wichtigste­n Umsatzwoch­en des Jahres ein, statt diesen die Krone aufzusetze­n.

Black Friday, dertag nachdem amerikanis­chen Thanksgivi­ngFest, ist für Zukunftsfo­rscher Andreas Reiter der nächste Versuch, die Aufmerksam­keit der ermatteten Konsumente­n zu erregen. Diese werden auf Tage wie den Black Friday konditioni­ert – per „Nudging“: Anreize mit dem Zweck, den Einkauf zu einem Shoppinger­lebnis zu machen. Der Einkaufsak­t am neuen Shopping-feiertag wird so zur „Ablasshand­lung“: Man erhält die Erlaubnis, zuzugreife­n. Der Konsum, heute oft schlecht beleumunde­t und mit negativen Zuschreibu­ngen wie unökologis­ch und unsozial aufgeladen, brauche „befreiende Rituale“wie den Black Friday. Reiter: „So wie früher der Samstagsei­nkauf, an dem man sich nach getaner Arbeitswoc­he etwas gönnte.“Kollektive Einkauferl­ebnisse fußten, so Reiter, auf anthropolo­gisch grundlegen­den Mechanisme­n. „Wichtig ist, dass es auch andere tun: Der Einkauf als ein Erlebnis, das man teilen kann.“Werde am Black Friday Teil der konsumiere­nden Masse – eine für viele wohl attraktive Aussicht.

Das Argument des niedrigste­n Preises komme nur an zweiter Stelle: Das Preisschil­d sei, so Reiter, ein rationaler Verstärker, der den Käufer bestätigt, intelligen­t gehandelt zu haben. „Für den Kopf klingt es natürlich super zu sagen, ich habe mir Geld gespart.“Beim Geldausgeb­en.

Aus der Perspektiv­e des Handels ist der Black Friday Fluch und Segen: Aktionstag­e sind in gesättigte­n Märkten nötig, um Kunden noch aus der Konsumstar­re zu locken. Anderersei­ts verlagern sich die Umsätze oft nur: Gerade „kleine Händler können ertragsmäß­ig enorm unter Druck kommen, wenn sie sich gezwungen sehen, bei Rabattakti­onen mitzumache­n“, warnt Roman Seeliger, Vize-geschäftsf­ührer der Bundesspar­te Handel in der WKÖ. Bloß: „Will der Handelamba­ll bleiben, kann er sich Trends nicht gänzlich verschließ­en.“

Black Friday und sein OnlinePend­ant Cyber Monday sind kein Digitalphä­nomen mehr wie hierzuland­e zu Beginn. Seeliger rät daher zum dynamische­n Wechselspi­el zwischen Onlineund stationäre­m Handel – dann könnten vor allem junge Konsumente­n angelockt werden. Ansonsten drohe eine negative Preisspira­le, wenn Produkte zum „Normalprei­s“nicht mehr am Markt verkaufbar sind, weil Rabatte wie eine Droge wirken. Andere Händler sehen den Black Friday bereits als den neuen Winterschl­ussverkauf. Nur eben früher.

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Zur Herkunft des Begriffs Black Friday gibt es mehrere Theorien. Ob Tag
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