Einwarnschuss für Söder
Die CSU ist auf ein historisches Tief gesunken. Es reicht aber für die Regierungsbildung mitmehreren Optionen. Sie wirkt geläutert und verspricht einen neuen Kurs für Bayern.
Bayern ist nicht irgendein deutsches Bundesland für Österreich. Die gesamte Grenze zu Deutschland teilt die Republik mit dem Freistaat. Es ist also maßgeblich, wie die Politik in den kommenden fünf Jahren aussieht. Damit man sich auf die Politik des wirtschaftlich stärkeren Nachbarn verlassen kann, braucht es eine stabile Regierung. Deshalb hat Kanzler Sebastian Kurz persönlich in den Wahlkampf eingegriffen und ist zur Schwesterpartei CSU nach München gefahren – die Neue Volkspartei, wie er es beim Auftritt mit Markus Söder und Horst Seehofer gesagt hat, setzt auf eine Fortsetzung der guten Nachbarschaftspolitik. Bislang waren die Ansprechpartner befreundet, das haben beide Seiten mehrfach betont.
Doch seit Sonntag ticken die Uhren etwas anders in Bayern. Diecsuerlebte den erwarteten Erdrutsch und muss sich von ihrer absolutenmehrheit verabschieden. Es ist ein Koalitionspartner nötig. Für ein stabiles Bündnis mit nur einer Partei und komfortabler Mehrheit kommen neben den Grünen auch die Freien Wähler infrage. Das ist noch immer eine kom- fortable Situation und rettet zumindest Söder den Kopf.
Der befürchtete Megasprung der Rechtspopulisten, die in Bayern noch viel weiter rechts außen stehen als in den anderen West-bundesländern, ist immerhin nicht eingetroffen. Die AFD ist mit einer großen Fraktion im Landtag, bleibt aber deutlich hinter den eigenen Erwartungen zurück und behindert nicht einmal eine bürgerliche Regierung. Dennoch fehlt nur mehr der Einzug in Hessen, der in zwei Wochen folgen dürfte, um in allen 16 Ländern parlamentarisch vertreten zu sein.
Die bayerischen Verhältnisse hängen eng mit dem Kurs der CSU zusammen, sind aber auch Folge der Bundespolitik. Und so wird das Ergebnis die Große Koalition in Berlin durchschütteln. Die SPD ist in Bayern mit zehn Prozent kaum wahrnehmbar. Und Angela Merkel wird sich auf dem Parteitag der CDU im Dezember geschwächt der Wiederwahl stellen. Schon vor Tagen spekulierten CDU-GRANden über einen Rückzug der Kanzlerin bei einem Debakel in Bayern undhessen. Gestern hat die Union aus CDU und CSU ihren ersten Dämpfer erhalten. Denn der Wahlkampf war geprägt vom polternden Migrationskurs (von dem die Grünen profitieren konnten) und vom Eindruck der fehlenden Durchsetzungsfähigkeit der CSU in Berlin (was der AFD half). eute bei der Vorstandssitzung der CSU wird es hoch hergehen. Das Stillhalteabkommen ist ausgelaufen. Die Rufe aus der eigenen Partei nach einem personellen Neuanfang waren am Abend unüberhörbar. Und aus der CDU kam unverblümt der Vorwurf, diecsubelaste dieunion schwer – vor allem Seehofers Politik. Er wird den Weg frei machen müssen, wenn es einen Neuanfang geben soll. Und Söder? Der wirkt geläutert, muss aber jetzt einen neuen Kurs einschlagen, wenn er nicht das nächste Opfer werden will. Das ist die wichtigste Botschaft der Bayern. Und das wäre auch im Interesse Österreichs.
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