Kleine Zeitung Steiermark

„Mehr Drama als hier gibt es nicht“

- Von Barbara Freitag

Die aufwendige Grand opéra „Les Troyens“von Berlioz wird selten gespielt. Nun kommt sie an die Wiener Staatsoper, mit Joyce Didonato als Didon.

Der Komponisth­ector Berlioz (1803–1869) war schon als Kind von der Sagenwelt der Antike fasziniert, besonders von der „Aeneis“des Vergil. Dieses Epos verdichtet­e er in seiner Oper „Lestroyens“, und als französisc­her Konkurrent von Richard Wagner schuf er das Werk sehr opulent und beschäftig­te in fünf Akten 85 Musiker, hundert Choristen, viele Tänzer, viele Sänger. Leider erlebte Berlioz die komplette Uraufführu­ng seines fünfstündi­gen Werkes 1890 nicht mehr. Zu seinen Lebzeiten waren aufgrund der szenischen Anforderun­gen immer nur Teile der Oper inszeniert worden.

In der Wiener Staatsoper gelangt das Werk nun erstmals in voller Länge zur Premiere – als internatio­nale Koprodukti­on, die in der Inszenieru­ng von Sir Davidmcvic­ar am Royal Opera House in London bereits 2012 zu sehenwar. Mcvicar adaptiert seine Arbeit für Wien, wo der amerikanis­che Superstar Joyce Didonato die Didon singen wird, jene karthagisc­he Königin, die sich aus hoffnungsl­oser Liebe zu Aeneas selbst tötet. Brandon Jovanovich gibt den Enée und Annacateri­na Antonacci, wie schon in London, die Cassandre. In Wien dirigiert Alain Altinoglu.

Didonato hat die Rolle bereits konzertant 2017 gesungen, unter dem Dirigenten Johnnelson, einem großen Kenner von „Les Troyens“. Didonato: „Es war schwierig, weil ich damals gleichzeit­ig meine erste Semiramide von Rossini probiert hatte. Beides konnte ich nicht gleichzeit­ig singen, und so studierte ich zuerst das Libretto von ‚Les Troyens‘ intensiv. Dann war es, als ob ich Didons Leben bereits gelebt hätte.“

Die Proben mit Mcvicar zu beginnen, sei dann einfach gewesen, obwohl Didonato sich die Londoner Fassung bewusst nicht angesehen hat: „Ichwollte das Werk für mich neu entdecken, ohne Einflüsse.“Mit dem englischen Regisseur hat sie bereits gearbeitet: „Ich schätze ihn und habe großes Vertrauen.“Ihm traut sie zu, so ein opulentes Bühnenwerk zu stemmen. „Es ist wegen des Aufwands nicht einfach, doch im Grunde schon. Man braucht nur auf die Bühne zu kommen, zu singen und zu spielen in dieser radikalen Vision von Berlioz“, so die Künstlerin. „Man muss nur genau wissen, wer man ist. Mehr Drama als hier gibt es nicht. Mehr Drama gibt es nicht.“

Wie geht es ihr gesanglich damit? „Es ist die Art von Partie, für die ich nicht aufwärmen brauche, es ist organisch. Am Ende könnte ich alles von vorn singen“, schwärmt der Mezzosopra­n. „Ein Tenor möchte ich dabei aber nicht sein.“Didonato hat erst zweimal an derwiener Staatsoper gesungen, einmal konzertant und einmal in einer Repertoire-vorstellun­g des „Barbiere di Sevilla“: „Ich hoffe doch, dass nicht wieder zehn Jahre vergehen.“

Hat sie einen Lieblingsk­omponisten? Didonato: „Schrecklic­he Frage! Aber am Ende werde ich bestimmt zu Händel zurückkehr­en. Er ist phantastis­ch für Sänger. Durch ihn habe ich am meisten gelernt. Er gibt die meiste Freiheit und fordert gleichzeit­ig das meiste, denn es steht nicht viel in dennoten. Es ist viel Arbeit, die Leerstelle­n aufzufülle­n. Mit Berlioz gibt es nicht viel zu tun, denn alles ist in der Musik enthalten. Doch selbst diese Partie kann ich besser durch all das, was ich bei Händel gelernt habe.“

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